Kriegsrecht ausgerufenShowdown im Schwarzmeer – Kiew und Moskau auf Konfrontationskurs
phi/SDA
26.11.2018
Ein Video zeigt, wie Russen in der Strasse von Kertsch versuchen, ukrainische Schiffe zu rammen. Kiew hat das Kriegsrecht ausgerufen, die Nato berät sich, und auch die UN sind alarmiert.
Nachdem Russland und die Ukraine im Schwarzen Meer aneinandergeraten sind, wächst die Sorge vor einer weiteren Eskalation zwischen den Ländern: Ein Video zeigt, wie zuvor russische Schiffe direkt auf ukrainische Boote zuhalten und augenscheinlich eine Kollision in Kauf nehmen.
Ein Video der Nachrichtenagentur AP vom maritimen Scharmützel in der Strasse von Kertsch.
Kiew hat inzwischen seine Streitkräfte in volle Kampfbereitschaft versetzt. Der ukrainische Präsident nannte das Vorgehen Moskaus «brutal», bei dem drei Boote beschlagnahmt und die Matrosen festgenommen wurden: «Wir fordern, dass sie zusammen mit den Schiffen sofort der ukrainischen Seite übergeben werden», so Petro Poroschenko.
Das Parlament hat inzwischen für zwei Monate Kriegsrecht ausgerufen, doch Präsident Poroschenko betont auch eiligst, dass keine militärische Offensive geplant ist. Die Massnahme sei vielmehr ein Signal, dass Kiew den «Schutz unseres Territoriums und die Sicherheit unserer Bürger» ernst nehme.
Der Flaschenhals von Kertsch
Sowohl Proschenko als auch Wladimir Putin haben ausserdem den UN-Sicherheitsrat angerufen, der noch heute in der Sache beraten wird. «Die westlichen Unterstützer Kiews sollen dort jene zur Vernunft bringen, die aus Kriegshysterie politischen Profit schlagen wollen» fordert Russlands Aussenminister Sergej Lawrow.
Doch auch wenn Moskau bei der UN das Motto «Erhalt von internationalem Frieden und Sicherheit» ausgegeben hat, wird sich der Kreml erklären müssen: Die Ukraine und Russland haben 2004 ein Abkommen geschlossen, das die Durchfahrt durch die Strasse von Kertsch regelt.
Sie ist der Flaschenhals, durch den Schiffe fahren müssen, wenn sie aus dem Asowschen Meer ins Schwarze Meer wollen – so wie sie durch den engen Bosporus müssen, bevor sie das Mittelmeer erreichen. Inzwischen wurde ein russischer Tanker in der Meerenge platziert, um sie zu blockieren.
Rechtliche Streitfrage
Trotz des Vertrages von 2004 meint Moskau, dass die Strasse von Kertsch russisches Hoheitsgewässer sei – wegen der Annexion der Krim 2014: Weil nicht mehr nur das östliche Ufer der Meerenge zu Russland gehört, sondern auch die westliche Seite mit der Stadt Kertsch, fühlt Präsident Putin sich im Recht. Der Westen dagegen erkennt die Krim-Übernahme wie auch die damals dort durchgeführte Wahl über einen Anschluss an Russland nicht an.
Angesichts der neuen Spannungen warnt der Generalsekretär des Europarats vor weiteren Provokationen. «Es ist von allergrösster Wichtigkeit, jede weitere Eskalation in der Region zu vermeiden», sagt Thorbjørn Jagland, der gleichzeitig fordert, den 2004 geschlossenen Vertrag zu respektieren. EU-Ratschef Donald Tusk verurteilt die Anwendung von Gewalt durch den Kreml.
Selbst die Nato wird sich mit dem Konflikt befassen, obwohl die Ukraine gar kein Mitglied ist: Das Bündnis hat auf Bitten Poroschenkos hin für Montagnachmittag eine Sondersitzung einberufen. Das Treffen ist ein symbolisches Zeichen der Unterstützung: Dass sich die Nato direkt in den Streit einmischt, gilt derzeit als ausgeschlossen.
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