«China muss vereint werden» Peking schliesst einen Angriff auf Taiwan nicht aus

tjnj

3.6.2023

Der chinesische Verteidigungsminister Li Shangfu möchte im Taiwan-Konflikt «auf gar keinen Fall versprechen, von dem Einsatz von Gewalt abzusehen».
Der chinesische Verteidigungsminister Li Shangfu möchte im Taiwan-Konflikt «auf gar keinen Fall versprechen, von dem Einsatz von Gewalt abzusehen».
Bild: Imago/Kyodo News

Seit dem russischen Angriff auf die Ukraine wächst die Angst, China könnte mit Taiwan ähnlich verfahren. Nun stellt der chinesische Verteidigungsminister klar: Ein militärischer Einsatz ist eine Option.

tjnj

3.6.2023

Keine Zeit? blue News fasst für dich zusammen

  • Der chinesische Verteidigungsminister Li Shangfu hat betont, dass Peking nicht dazu bereit ist zu versprechen, im Taiwan-Konflikt von einem Militäreinsatz abzusehen.
  • Die USA unterstützen Taiwan und haben dem Land sogar zugesichert, im Falle eines Krieges selbst Truppen zu senden.
  • Die amerikanisch-chinesischen Beziehungen befinden sich auch wegen Washingtons Position zum Taiwan-Konflikt auf einem Tiefpunkt.
  • Eine amerikanische Bitte um eine Beredung der Verteidigungsminister der beiden Länder am Rande der wichtigsten Sicherheitskonferenz im Indopazifik wurde von China abgelehnt.

China möchte militärische Handlungen gegen Taiwan explizit nicht ausschliessen. «Wir werden auf gar keinen Fall versprechen, von dem Einsatz von Gewalt abzusehen», wird der chinesische Verteidigungsminister, General Li Shangfu, von chinesischen Staatsmedien zitiert. «China muss vereint werden», so der General weiter.

Laut dem ehemaligen taiwanischen Verteidigungsminister Andrew Nien-dzu Yang ist Lis indirekt formulierte Drohung auch als Warnung an Europa, Japan und Australien sowie die USA zu verstehen.

Peking: Washington sendet «falsche Signale»

Die amerikanisch-chinesischen Beziehungen werden unter anderem durch Washingtons Nähe zur Regierung Taiwans belastet. Mehrere hochrangige US-Politiker haben sich mit Präsidentin Tsai Ing-Wen getroffen, zuletzt der Vorsitzende des US-Repräsentantenhauses Kevin McCarthy. Peking reagierte mit dreitägigen Militärübungen in Taiwans Nähe.

Auch das neue Handelsabkommen zwischen den USA und Taiwan wurde in Peking mit wenig Begeisterung aufgenommen. Damit sende Washington «falsche Signale» an Taiwan, vor allem im Hinblick auf dort grassierende Unabhängigkeitsbestrebungen.

Die USA unterstützen Taiwan ausserdem beim Ausbau seiner Verteidigungsmöglichkeiten, vor allem mit Waffenlieferungen. US-Präsident Joe Biden hat dem Land ausserdem mehrmals zugesichert, dass die USA im Falle eines chinesischen Angriffs selbst militärisch eingreifen würden.

Manöver an der Grenze

Seitdem die Spannungen im August 2022 mit dem Besuch von McCarthys Vorgängerin Nancy Pelosi eskaliert sind, hat China seine militärische Präsenz in dem Gebiet kontinuierlich verstärkt. Kampfjets halten Manöver in der Nähe des Landes ab und Kriegsschiffe überqueren immer wieder die inoffizielle Grenze zwischen den beiden Ländern.

Doch die Aussage des chinesischen Verteidigungsministers soll Expert*innen zufolge auch als Warnung an andere asiatische Länder gewertet werden. Diese sollten davor gewarnt werden, taiwanesische Unabhängigkeitsbestrebungen zu unterstützen.

Dabei dürfte es kein Zufall sein, dass General Li seine indirekte Warnung einen Tag vor Beginn des Shangri-La-Dialogs in Singapur, der wichtigsten Sicherheitskonferenz im Indopazifik, ausgesprochen hat.

Antrittsbesuch führte nach Russland

Li ist erst seit vergangenem März im Amt. Sein erster Auslandsbesuch führte ihn nach Moskau, wo er sich mit dem russischen Präsidenten Wladimir Putin und dessen Verteidigungsminister Sergei Schoigu traf. Dort betonte er die enge Verbindung der beiden Länder.

Seit dem Einmarsch Russlands in die Ukraine sind international die Sorgen gewachsen, dass China sich im Konflikt mit Taiwan zu einem ähnlichen Schritt entschliessen könnte. China betrachtet Taiwan als Teil der Volksrepublik, obwohl das Land seit 1948 eine eigene Regierung hat.

Amerikanisches Gesprächsgesuch abgelehnt

Der amerikanische Verteidigungsminister Lloyd J. Austin III. hat Li um ein Gespräch im Rahmen des Shangri-La-Dialogs gebeten. Die Bitte ist ausgeschlagen worden.

Die USA haben Sanktionen gegen den General erlassen, nachdem dieser als Leiter der chinesischen Abteilung für Waffenentwicklung Kampfflugzeuge und Komponenten für ein russisches Boden-Luft-Raketen-System gekauft hatte.

Im Mai hatte Joe Biden die Bereitschaft signalisiert, die Sanktionen gegen Li wieder aufzuheben. Einen Tag später wurde Bidens Aussage von einem Sprecher des Weissen Hauses dementiert.