Hongkong Tränengas und Drohvideos – eskaliert der Protest gegen China?

tsha/dpa

5.8.2019

Die Lage in Hongkong hat sich am Montag weiter zugespitzt. Während die Polizei mit Tränengas gegen die Demonstranten vorgeht, fahren zwei Autos in eine Menschenmenge.

Hongkong kommt nicht zur Ruhe: Ein Massenstreik und neue Proteste haben am Montag in der einstigen britischen Kronkolonie für Chaos gesorgt. In der morgendlichen Hauptverkehrszeit kam es zu erheblichen Verzögerungen, weil Demonstranten grosse Teile des U-Bahn-Netzes und Strassen blockierten. Am Flughafen der Stadt mussten 200 Flüge gestrichen werden, da sich zahlreiche Mitarbeiter für den Streiktag krankgemeldet hatten.

Am Nachmittag begannen Kundgebungen in sieben Bezirken der Stadt, wie die Organisatoren mitteilten. Mindestens 24'000 Menschen aus 20 Sektoren wollten demnach die Arbeit niederlegen. Wie bei Protesten in den Tagen und Wochen zuvor besetzen Demonstranten auch am Montag Strassen und belagerten Polizeiwachen. Die Polizei reagierte mit Tränengas.

Wie eine Reporterin des «Guardian» berichtet, kam es zu mehreren Zwischenfällen. So fuhren zwei Autos in die Gruppe der Demonstrierenden, darunter ein Taxi. Bei einem ähnlichen Vorfall am Vormittag war dem Bericht zufolge ein Mensch verletzt worden.

Drohungen aus China

Beobachter sehen in den Protesten die schwerste politische Krise Hongkongs seit der Rückgabe an China vor 22 Jahren. Auch in der neunten Woche der Proteste gibt es keine Anzeichen, dass sich die Bewegung abschwächt. Die Zentralregierung in Peking hat die Ausschreitungen mehrfach scharf verurteilt und die Regierung und die Polizei vor Ort aufgefordert, wieder Ordnung herzustellen. In der Finanzmetropole gibt es seit fast zwei Monaten zu Kundgebungen mit Hunderttausenden Teilnehmern. Wiederholt kam es zu schweren Zusammenstössen zwischen Demonstranten und der Polizei.

Die Polizei ging am Montag mit Tränengas gegen die Demonstrierenden vor.
Die Polizei ging am Montag mit Tränengas gegen die Demonstrierenden vor.
Bild: Keystoe

Hongkongs Regierungschefin Carrie Lam hat ein Gesetz zur Auslieferung mutmasslicher Krimineller an China, das den Anlass für die Proteste gegeben hatte, mittlerweile für «tot» erklärt. Die Proteste haben sich aber zu einer breiteren Bewegung gegen die Regierung und das harte Vorgehen der Polizei entwickelt. Viele Menschen befürchten zudem einen zunehmenden Einfluss Pekings und fordern demokratische Reformen.

Derweil befürchten viele Bewohner Hongkongs, die chinesische Armee könnte die Demonstrationen gewaltsam niederschlagen. Am Montag erklärte zwar ein Sprecher der örtlichen Polizei, man sei nicht auf die Hilfe der Volksbefreiungsarmee angewiesen.

Auch Regierungschefin Lam hatte mehrmals betont, keine Unterstützung aus Festlandchina anfordern zu wollen. Vor wenigen Tagen hatte die chinesische Armee allerdings ein martialisches Video veröffentlicht, das Soldaten bei einem Einsatz gegen Demonstranten zeigt. Beobachter vermuteten, das Video sei eine gezielte Botschaft an die Bürger Hongkongs.

Derzeit ist noch völlig unklar, wie China auf die Lage in Hongkong reagieren wird. Wie die «South China Morning Post» berichtet, will sich Peking am Dienstag (Ortszeit) erneut zur Lage in der Stadt äussern und dabei «etwas Neues» verkünden.

Das seit der Rückgabe Hongkongs an China vor 22 Jahren geltende Prinzip «Ein Land, zwei Systeme» besagt, dass die frühere britische Kronkolonie als chinesische Sonderverwaltungszone autonom regiert wird. Anders als die Menschen in der Volksrepublik geniessen die Hongkonger eigentlich das Recht auf freie Meinungsäußerung sowie Presse- und Versammlungsfreiheit.

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