Video-AuswertungKissenmuster-Analyse und Sockenjagd: So versuchen Ermittler den IS-Chef zu finden
tali
7.5.2019
Verrät das Muster eines Kissens den Aufenthaltsort des IS-Chefs Abu Bakr al-Bagdadi? Ein Ermittler gibt Einblick, was scheinbar unwichtige Details in Videos verraten können.
Fünf Jahre lang war Abu Bakr al-Bagdadi von der Bildfläche verschwunden. Ende April jedoch meldete sich der Iraker, der im Juli 2014 in der Grossen Moschee von Mosul das Kalifat ausgerufen hatte, mit einem Video zurück. Seither versuchen Fachleute, aus dem, was im Clip zu sehen ist, Rückschlüsse auf den Aufenthaltsort des IS-Chefs zu ziehen. Denn in kleinsten Details könnte sich der entscheidende Hinweis finden, weiss David Videcette, der in seiner Zeit als Scotland-Yard-Ermittler einst selbst Videos analysierte.
«Mehrere Leute der US- und britischen Geheimdienste beschäftigen sich ausschliesslich mit dem Muster der Stoffkissen, die zu sehen sind», ist sich der Experte im Gespräch mit «20 Minuten» sicher. Auch die Matratze, auf der Bagdadi sitzt, die Kleidung, die er trägt oder das Mittel, mit dem er seinen langen Bart gefärbt hat, dürften für die Ermittler interessant sein: «Sie werden die Produzenten kontaktieren und sich nach den Absatzmärkten erkundigen sowie Lieferanten und Verkäufer besuchen, um herauszufinden, wer wo und wann solche Hosen, ein solches Veston oder diese Socken gekauft haben könnte», erläutert Videcette.
Versteckt im Irak?
Er selbst hat bereits eine Vermutung, wo das Video gedreht worden sein könnte: «Ich denke, einiges spricht dafür, dass er sich im Irak aufhält. Etwa die Matratze, auf der er sitzt, und der Teppich. Solche kenne ich aus bestimmten Regionen des Irak». Vermutlich wird Bagdadi dort von einflussreichen Landsleuten versteckt, glaubt der Ex-Ermittler: «Er hat gerade im Irak bestimmt Freunde in hohen Positionen».
Obwohl die Chance, den Aufenthaltsort des Flüchtigen anhand Hintergrunddetails herauszufinden, «ganz klein» sei, ist Bagdadi mit der Veröffentlichung des Clips ein grosses Risiko eingegangen, findet Videcette: «Er weiss, dass die Besten der Besten es analysieren werden».
Grosses Risiko
Warum der IS-Chef das Risiko, von ihnen entdeckt zu werden, auf sich nimmt? «Reine Kriegspsychologie», erklärt der Experte, «er will zeigen, dass er am Leben ist». Und zwar nicht nur seinen Anhängern, sondern auch seinen Verfolgern: «Die Suche nach Bagdadi und der Kampf gegen den IS kosten Milliarden von Dollar – und da sitzt er nun, in einer relativ luxuriösen Umgebung, unangetastet und unbesiegt. Das ist demoralisierend, ein Tiefschlag für den Westen», meint der Brite. Doch er weiss: Auch ein Terrorfürst wie Bagdadi kann durch das Alltägliche zu Fall gebracht werden.
Das IS-Kalifat ist zerschlagen – doch die Terrorgefahr bleibt
Das IS-Kalifat ist zerschlagen – doch die Terrorgefahr bleibt
Frauen sprechen mit Wachen vor dem Tor, das den Abschnitt für ausländische Familien abschliesst, die im sogenannten «Kalifat» des IS lebten, im Lager al-Hul. Etliche Ausländerinnen hoffen auf eine Rückkehr in ihre Herkunftsländer.
Bild: dpa/Maya Alleruzzo/AP
Die 45-jährige Gailon Lawson aus Trinidad und Tobago sagt, sie sei zu Hause zum Islam konvertiert und habe einen Mann geheiratet. Wenige Tage nach der Hochzeit habe er sie mit nach Syrien genommen. «Ich bin nur meinem Mann gefolgt», sagt sie.
Bild: Keystone
«Wie konnte ich nur so dumm sein, und so blind?», sagt die 46-jährige Kanadierin Kimberly Gwen Polman über ihre Entscheidung, dem Ruf des IS zu folgen. In den Ohren vieler Beobachter mag solches Bedauern hohl klingen. Als die Frauen ins IS-Gebiet reisten, waren die Gräuel der Gruppierung bereits allgemein bekannt.
Bild: Keystone
Im Lager al-Hul sind mehr als 70'000 Personen untergebracht, was die geplante Kapazität bei weitem übersteigt. Viele sind noch immer eingefleischte Anhänger des IS. In den Lagern haben sie versucht, das Kalifat neu zu erschaffen.
Bild: Keystone
Etliche Frauen haben Einheiten der gefürchteten Religionspolizei wiedergegründet, wachen über die Einhaltung von Regeln und bestrafen andere Bewohner, die sich nicht daran halten.
Bild: Keystone
Einige Staaten konzentrieren sich darauf, lediglich Kinder wieder aufzunehmen, nicht aber die Eltern.
Bild: Keystone
Mit dem Fall der letzten syrischen IS-Bastion Baghus ist das selbst ernannte Kalifat der Extremisten zerstört. Trotzdem warnen viele Stimmen, die Terrormiliz Islamischer Staat sei noch nicht besiegt.
Bild: Keystone
Auf IS-Chef Abu Bakr al-Bagdadi ist ein Kopfgeld von 25 Millionen US-Dollar ausgesetzt. Trotzdem ist er seit Juli 2014 wie vom Erdboden verschwunden.
Bild: Keystone
Nach wochenlangen Kämpfen ist die letzte Bastion des IS an der Grenze Syriens mit dem Irak gefallen. Kämfer der von den USA unterstützten «Demokratischen Streitkräfte Syriens (SDF)» hissen in Baghus ihre Flagge.
Bild: Keystone
Sprengstoffgürtel des IS liegen in Baghus am Boden: Das Khalifat des «Islamischen Staates» gilt als besiegt – wenigstens von offizieller Seite her.
Bild: Keystone
Rauch steigt am 24. März 2019 über dem vom IS rückeroberten Baghus auf: Trotzdem ist der IS längst nicht ungefährlich.
Bild: Keystone
Ein IS-Kämpfer feuert im Januar 2019 auf Einheiten der SDF. Mehrere Tausend Kombattanten des IS sollen sich in unbewohntes Gelände in der syrischen Wüste zurückgezogen haben.
Bild: Keystone
IS-Kämpfer im Sommer 2014: Im Irak sollen sich viele von ihnen unter die Bevölkerung gemsicht haben. Auch wächst in Syrien und dem Irak eine Generation von Kindern heran, die über Jahre vom IS indoktriniert wurde. Es ist zu befürchte, dass sie die Terroristen von morgen werden könnten.
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