Juwelenraub in Dresden Deutsche Zielfahnder entdecken Verdächtigen

dpa/tpfi

16.12.2020

Mitarbeiter der Spurensicherung nach der Tat vor dem Residenzschloss in Dresden. (Archivbild)
Mitarbeiter der Spurensicherung nach der Tat vor dem Residenzschloss in Dresden. (Archivbild)
Bild: Sebastian Kahnert/zb/dpa

Lange bereitete die Dresdner Polizei den Zugriff im November vor. Trotzdem konnten damals zwei der fünf Verdächtigen im Fall Grünes Gewölbe fliehen. Über Wochen versteckten sie sich. Jetzt kamen Spezialisten der Kripo dem ersten der beiden auf die Spur.

Das Netz um den fünften mutmasslichen Dieb der Juwelen aus dem Grünen Gewölbe in Dresden zieht sich zu. Am Montagabend überwältigte und verhaftete ein Spezialeinsatzkommando (SEK) des Berliner Landeskriminalamtes den vierten Verdächtigen in der Hauptstadt.

Nach ihm und seinem Zwillingsbruder wurde international gefahndet, seit sie vor einem Monat bei einem ersten Zugriff der Polizei entkommen waren. Über den zweiten, noch flüchtigen 21-jährigen Zwilling sagte ein Sprecher der Staatsanwaltschaft Dresden: «Wir sind zuversichtlich, ihn zeitnah festnehmen zu können.»

Zwillings-Diebe

Der verhaftete erste Zwilling aus einem bekannten arabischstämmigen Berliner Clan wurde von Zielfahndern des Bundeskriminalamtes (BKA) aufgespürt. Am Montag um 19:21 Uhr schlug das Berliner SEK im Berliner Bezirk Neukölln zu. Der Zugriff erfolgte abseits der angesagten Kneipenecken in Nord-Neukölln, «an einem Auto», wie es hiess – also offenbar auf der Strasse oder auf einem Parkplatz. Weitere Details zu Fahndung und Festnahme wollten Polizei und Staatsanwaltschaft nicht nennen.

Unklar war, warum das BKA in den Fall einbezogen wurde. Zielfahnder sind Spezialisten der Kriminalpolizei sowohl beim BKA als auch bei den LKAs. Sie suchen nach geflüchteten Verbrechern und Verdächtigen, deren Identitäten bekannt sind. Die Zielfahnder erstellen ein Persönlichkeitsprofil des Gesuchten, überwachen Familie und Freunde, analysieren Gewohnheiten und Eigenschaften und versuchen so, ihm auf die Spur zu kommen.

Ein Teil des Clans in U-Haft

Der nun gefasste Mann wurde nach Dresden gebracht und dort am Nachmittag einem Ermittlungsrichter am Amtsgericht vorgeführt. Er sitzt seitdem in Untersuchungshaft. Einen Haftbefehl gab es bereits. Ebenfalls in der dortigen Untersuchungshaft sitzen die anderen drei Verdächtigen aus demselben Clan. Mitglieder der Grossfamilie wurden auch für andere grosse Straftaten wie den Goldmünzen-Diebstahl aus dem Berliner Bode-Museum 2017 verurteilt.

Gegen die vier Verdächtigen im Gefängnis und den fünften Mann, der noch auf der Flucht ist, bestehe «dringender Tatverdacht», sagte Staatsanwaltschaftssprecher Jürgen Schmidt. «Es gibt eine hohe Wahrscheinlichkeit einer Verurteilung. Die Beweislage ist aus Sicht der Staatsanwaltschaft sehr gut.»

Unschätzbar wertvolle Beute

Am 25. November 2019 hatten mehrere Täter bei einem der spektakulärsten Einbrüche der vergangenen Jahrzehnte aus der berühmten Schatzkammer Grünes Gewölbe Juwelen mit kaum schätzbarem Wert gestohlen. Vermutungen und Spuren führten schnell nach Berlin.

Ein knappes Jahr nach der Tat rückte die Polizei aus Dresden am 17. November zu einer Grossrazzia in Berlin aus. Dabei kam es zu Pannen. Zwar wurden drei mutmassliche Mitglieder der Einbrecherbande im Alter von 23, 23 und 26 Jahren verhaftet und zahlreiche Wohnungen durchsucht. Die Zwillinge als jüngste mutmassliche Mitglieder der Bande entkamen allerdings, obwohl auch sie schon länger von der Polizei observiert worden waren.

Die Polizei hatte einen der ersten drei Verdächtigen früher als geplant schon in der Nacht und nicht erst am frühen Morgen festgenommen. Spekuliert wurde, dass sich davon schnell Gerüchte in der Szene verbreiteten oder dass andere Observationen auffielen. Nach den Geflohenen wurde sofort eine Fahndung mit Namen und Fotos eingeleitet, die jetzt den ersten Erfolg brachte.

Die Juwelen bleiben verschwunden

Sachsens Innenminister Roland Wöller (CDU) sprach am Dienstag von einem «weiteren grossen Schlag gegen das organisierte Verbrechen». Die Polizei habe «im ganzen letzten Jahr in akribischer Kleinstarbeit Spuren verfolgt und gezeigt, dass es sich lohnt, hartnäckig zu ermitteln». Er hoffe auch, dass dies ein weiterer Schritt sei, um den gestohlenen Staatsschatz zu finden.

Staatsanwalt Schmidt verkündete allerdings dazu eine schlechte Nachricht: «Es gibt aktuell keine heisse Spur zu den entwendeten Juwelen.» Auf Hinweise aus den Reihen der Verdächtigen hofft auch kaum jemand. Bisher schweigen alle vier Männer.

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