EuropaEU geht gegen Ungarns Gesetz zu Homo- und Transsexualität vor
SDA
23.6.2021 - 13:32
EU-Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen geht entschieden gegen ein umstrittenes ungarisches Gesetz vor, das die Informationsrechte von Jugendlichen in Hinblick auf Homosexualität und Transsexualität einschränkt.
Keystone-SDA
23.06.2021, 13:32
23.06.2021, 14:07
SDA
«Dieses ungarische Gesetz ist eine Schande», sagte die Politikerin am Mittwoch in Brüssel. Es diskriminiere Menschen aufgrund ihrer sexuellen Orientierung. Der ungarische Ministerpräsident Viktor Orban wies dies im Gespräch mit der Nachrichtenagentur DPA zurück. Die Rechte von Homosexuellen würden vom ungarischen Staat aktiv geschützt, sagte er.
Nach Angaben von Kommissionschefin von der Leyen sollen die rechtlichen Bedenken gegen das Gesetz nun in einem Schreiben an die ungarische Regierung näher ausgeführt werden. Sollte Ungarn die Vorwürfe nicht entkräften können, dürfte die Brüsseler Behörde nach dem Inkrafttreten des Gesetzes ein offizielles Vertragsverletzungsverfahren gegen das Land einleiten.
Dieses könnte dann mit einem Urteil des Europäischen Gerichtshofes enden. Das ungarische Gesetz verstosse gegen fundamentale Werte der Europäischen Union, sagte von der Leyen.
Der in der vergangenen Woche vom ungarischen Parlament gebilligte Text sieht unter anderem ein Verbot von Büchern, Filmen und anderen Inhaltsträgern vor, die Kindern und Jugendlichen zugänglich sind und in denen Sexualität dargestellt wird, die von der heterosexuellen abweicht.
Darüber hinaus soll Werbung verboten werden, in der Homosexuelle oder Transsexuelle als Teil einer Normalität erscheinen. Das Gesetz gilt als besonderes Anliegen von Ministerpräsident Orban, dem Kritiker das Schüren von Vorurteilen gegen Minderheiten vorwerfen.
Orban sagte der dpa am Mittwoch, jeder Mensch müsse sich fraglos frei für seinen Lebensweg entscheiden dürfen. Die Aufklärung heranwachsender Kinder gehöre aber ins Elternhaus. «Wir schützen diese Aufgabe der Eltern», erklärte er.
Der ungarische Ministerpräsident äusserte sich auch zu der Debatte über das Verbot des Europäischen Fussball-Union UEFA, das Münchner Fussball-EM-Stadion an diesem Mittwochabend in Regenbogenfarben zu beleuchten. «Ob das Münchner Fussballstadion oder ein anderes europäisches Stadion in Regenbogenfarben leuchtet, ist keine staatliche Entscheidung», erklärte er. Auch in Ungarns Hauptstadt Budapest gehörten «die Regenbogenfarben selbstverständlich zum Strassenbild».
Mit der bunten Beleuchtung hatte München ein Zeichen gegen das ungarische Gesetz setzen wollen. Die Regenbogenfahne steht als Symbol für die Akzeptanz und Gleichberechtigung von Menschen, die sich nicht mit dem traditionellen Rollenbild von Mann und Frau oder anderen Normen rund um Geschlecht und Sexualität identifizieren.
Zuvor hatte die UEFA einen Antrag des Münchener Oberbürgermeisters Dieter Reiter abgelehnt, die Arena beim Spiel der deutschen Mannschaft gegen Ungarn in Regenbogenfarben zu erleuchten. Sie sei «aufgrund ihrer Statuten eine politisch und religiös neutrale Organisation. Angesichts des politischen Kontextes dieser speziellen Anfrage – eine Botschaft, die auf eine Entscheidung des ungarischen Parlaments abzielt – muss die UEFA diese Anfrage ablehnen», teilte sie mit.
Die Ankündigungen von der Leyens folgen auf einen Appell von Deutschland und zwölf anderen EU-Staaten vom Dienstag. In ihm hatte es geheissen, die EU-Kommission müsse als «Hüterin der Verträge» alle ihr zur Verfügung stehenden Mittel nutzen, um die Einhaltung von EU-Recht sicherzustellen.
Dazu gehöre auch, den Fall vor den Europäischen Gerichtshof zu bringen. Das ungarische Gesetz verletze das Recht auf Meinungsfreiheit und stelle eine deutliche Diskriminierung von Menschen dar, die lesbisch, schwul, bisexuell, transsexuell, intersexuell oder queer (LGBTIQ) seien.
Für die ungarische Regierung ist es nicht das erste Mal, dass sie Ärger mit der EU-Kommission und anderen Mitgliedstaaten hat. Dem Land werden zum Beispiel auch Verstösse gegen die Wissenschafts- und Medienfreiheit sowie ein inakzeptabler Umgang mit Migranten und Flüchtlingen vorgeworfen.
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