Selenskyj über Russlands Absichten«Putin wird weitergehen, das muss allen klar sein»
phi
25.3.2022
EU bringt Hilfsfonds für die Ukraine auf den Weg
Die EU-Staats- und Regierungschefs haben sich bei ihrem Gipfeltreffen auf einen Solidaritäts-Fonds zur Unterstützung der Ukraine geeinigt. Dafür soll eine internationale Geberkonferenz einberufen werden.
25.03.2022
Wolodymyr Selenskyi gibt «La Repubblica» Einblick in Kopf und Herz: Der ukrainische Präsident spricht nicht nur über den Krieg, den Gegner und seine Truppen, sondern verrät auch, wie viel er schläft und was er vermisst.
phi
25.03.2022, 10:44
phi
«Wir glauben, dass die gesamte zivilisierte Welt sich uns am Ende anschliessen wird und wir gemeinsam diesem Krieg ein Ende setzen werden», sagt Wolodymyr Selenskyj. «Denn der Krieg ist nicht in der Ukraine, der Krieg ist in Europa.»
Der ukrainische Präsident hat «La Repubblica» ein Interview gegeben, das auch im «Tages-Anzeiger» und in der deutschen «Welt» erschienen ist. Sein Land sei nur der «Vorposten», der überfallen wird – «aber Putin wird hier nicht stehen bleiben, er wird weitergehen, das muss allen Europäern, allen führenden Politikern in Europa und der Welt klar sein.»
Die Zeche zahle die Ukraine: «Die Russen zerstören unsere Infrastruktur, unsere Häuser, Schulen, Krankenhäuser, Kindergärten, sie errichten Barrieren, sie blockieren humanitäre Hilfe, sie halten Menschen unter unmenschlichen Bedingungen fest – ohne Licht, Wasser, Nahrung und Medizin, aber die Menschen nehmen weiterhin an Protesten in den besetzten Städten teil.»
«Sie vergewaltigen Frauen»
Die Welt habe «seit 80 Jahren nicht mehr einen so brutalen Krieg erlebt», sagt Selenskyj. In dem Kampf halte «die russische Armee keine Regeln und keine Konventionen ein», betont der 44-Jährige. «Sie vergewaltigen Frauen, foltern Gefangene und töten Kinder. Putin will die Weltordnung infrage stellen und der Welt mit Gewalt neue Regeln auferlegen.»
Was Kiew nun dringend brauche, seien Waffen. Zufrieden ist Selenskyj mit der Unterstützung Europas aber nicht immer: «Dieser tragische Moment in der Geschichte, dieser Krieg, hat einige Dinge deutlich gemacht. Heute wissen wir bereits, wer in der Welt unser wahrer Freund und Partner ist, wer ein echter Verbündeter ist.» Er hoffe aber, die Welt werde nicht zulassen, «dass im 21. Jahrhundert eines der grössten Länder Europas von der Landkarte getilgt wird».
Sein Optimismus ist ungebrochen «Wir werden alles wieder aufbauen, davon bin ich überzeugt», sagt Selenskyj über die Zerstörung. Schlafen tue er nicht viel, doch das habe er ohnehin nie getan. «Aber ich würde gerne mehr mit meiner Familie kommunizieren, das ist wahr», räumt er ein. «Aber dieser Moment wird sicherlich kommen.»