US-Soldat nach illegalem Grenzübertritt in Nordkorea wohl in Haft
STORY: Auf der koreanischen Halbinsel hat ein US-Soldat die Demarkationslinie zwischen Nord- und Südkorea illegal überschritten. Er sei vermutlich in Nordkorea in Gewahrsam genommen worden, sagte ein US-Insider am Dienstag der Nachrichtenagentur Reuters. Das UN-Kommando, das den Bereich der entmilitarisierten Zone überwacht, hatte zuvor von einem US-Bürger gesprochen, der ohne Genehmigung die Demarkationslinie übertreten habe. Dem UN-Kommando zufolge nahm der US-Bürger an einer Tour in das Grenzdorf Panmunjom teil. Mehreren südkoreanischen Medien zufolge gehörte der Mann zu einer Gruppe von Besuchern, unter der auch Zivilisten waren. Plötzlich sei er über die aus Ziegelsteinen gebildete Grenzmarkierung gesprungen, berichteten zwei Zeitungen unter Berufung auf südkoreanische Armeekreise. Reuters konnte die Identität der Person nicht sofort bestätigen. Zwei US-Beamte, die unter der Bedingung der Anonymität sprachen, sagten, der Soldat habe in Erwartung eines Disziplinarverfahrens gestanden. Nord- und Südkorea sind seit dem Korea-Krieg geteilt. In dem Konflikt von 1950 bis 1953 standen die USA an der Seite Südkoreas, China wurde Verbündeter Nordkoreas. Bis heute gibt es keinen Friedensvertrag. Vor diesem Hintergrund und wegen der seit Jahren anhaltenden Spannungen auch wegen Nordkoreas Atomprogramm und seiner Raketentests können solche Vorfälle eine grössere Bedeutung erhalten.
19.07.2023
Der US-Soldat, der nach seiner illegalen Einreise nach Nordkorea in Gewahrsam des Kim-Regimes geraten ist, soll bereits in Südkorea straffällig geworden sein. Vieles zu dem Fall ist aber noch unklar.
Keine Zeit? blue News fasst für dich zusammen
- Erstmals seit Jahrzehnten befindet sich wieder ein US-Soldat in nordkoreanischem Gewahrsam.
- Nach Angaben der US-Armee soll es sich bei dem Soldaten um Travis King handeln.
- King hat sich bereits in Südkorea strafbar gemacht, wo er für das amerikanische Militär stationiert war.
- Warum der Soldat die Grenze in der entmilitarisierten Zone von Süd- nach Nordkorea passierte, ist noch unklar.
- Dass King nun in den Händen der nordkoreanischen Regierung ist, ist für die Vereinigten Staaten diplomatisch heikel.
Den US-Soldaten, der am Dienstag die Grenze von Süd- nach Nordkorea überschritt, hat die US-Armee als Gefreiten Travis King identifiziert. Dies berichtete der Nachrichtensender CNN am Mittwoch.
Laut den offiziellen Angaben überquerte King «vorsätzlich und ohne Genehmigung» die Grenze nach Nordkorea, als er an einer zivilen Führung durch die Joint Security Area teilnahm – eine kleine Gebäudegruppe innerhalb der 240 Kilometer langen entmilitarisierten Zone (DMZ), die Nord- und Südkorea seit Ende des Koreakrieges 1953 trennt.
«Wir gehen davon aus, dass er sich derzeit in Gewahrsam der Demokratischen Volksrepublik Korea befindet und arbeiten mit unseren Kollegen der Koreanischen Volksarmee zusammen, um diesen Vorfall aufzuklären», sagte der Sprecher der US-Streitkräfte in Südkorea, Oberst Isaac Taylor, in einer Erklärung.
Doch wer ist dieser Travis King? Und warum ist er unerlaubt nach Nordkorea gelangt?
50-tägige Haftstrafe abgesessen
King ist ein Kavallerieaufklärer, der im Januar 2021 dem Militär beigetreten ist. Wie lange er in Südkorea im Einsatz stand, haben die US-Beamten nicht bekannt gegeben. Jedoch soll er sich während seiner Zeit in Südkorea strafbar gemacht haben.
Ein Disziplinarverfahren wegen Körperverletzung sei eingeleitet worden und King habe 50 Tage in einer Haftanstalt absitzen müssen, wie CNN unter Berufung auf eine Meldung der US-Streitkräfte berichtet.
Ob King die Strafe in südkoreanischem oder US-militärischem Gewahrsam verbracht hat, ist nach Angaben der USA nicht bekannt. Nach seiner Entlassung sei King zum Flughafen eskortiert worden, um in die Vereinigten Staaten zurückzukehren. Am Flughafen konnten seine Begleiter eine Sicherheitskontrolle nicht passieren, woraufhin er den Flughafen verliess und sich später einer Touristengruppe anschloss.
King ist vermutlich der erste US-Soldat, der seit 1982 nach Nordkorea eingereist ist und sich nun in den Händen des autokratischen Regimes befindet. Das undurchsichtige Einparteienregime des Landes sieht die Vereinigten Staaten als Todfeind.
Nordkorea – USA: Eine äusserts angespannte Beziehung
Die Beziehungen zwischen den Vereinigten Staaten und Nordkorea sind schon seit Jahrzehnten angespannt. Und die Situation hat sich in den vergangenen Wochen erneut zugespitzt.
Der Norden hat seine Atom- und Raketenprogramme verstärkt, nachdem die Gespräche zwischen dem ehemaligen US-Präsidenten Donald Trump und Nordkoreas Kim Jong-un im Jahr 2019 scheiterten.
Konkret hat Nordkorea allein in diesem Jahr bereits dreimal Interkontinentalraketen getestet. Zudem wirft die Regierung in Pjöngjang, den USA und Südkorea vor, die Spannungen durch Militärübungen und die Stationierung von Waffen zu verschärfen. Als Argument führt Nordkorea die Stationierung eines atomwaffenfähingen U-Boots der US Marine ins Feld. Demnach soll das Boot im südkoreanischen Hafen von Busan anfangs dieser Woche stationiert worden sein.
Die Vereinigten Staaten unterhalten keine offiziellen diplomatischen Beziehungen zu Nordkorea. «Stattdessen» fungiert die schwedische Botschaft in Pjöngjang als Verbindungsstelle für die USA.
Informationsquelle, Propagandazwecke?
Welchen militärischen Informationswert King für Nordkorea haben könnte, ist gemäss CNN ungewiss. Als Privatmann hätte er wahrscheinlich keinen Zugang zu Informationen auf höchster Ebene, aber allein dadurch, dass er sich in einer US-Militäreinrichtung aufhielt, könnte er vielleicht über Dinge wie die Grundrisse von Stützpunkten oder die Zahl der dort stationierten Truppen Auskunft geben.
Das Kommando der Vereinten Nationen, das die Operationen in der DMZ beaufsichtigt, erklärte, es arbeite «mit unseren Partnern der (nord-)koreanischen Volksarmee zusammen, um diesen Vorfall zu klären».
Was Nordkorea für die Freilassung Kings verlangen könnte, ist unbekannt. Weiter könnte Nordkorea King auch für Propagandazwecke nutzen. Fakt ist: Als Soldat und US-Bürger ist King für Pjöngjang auch ein potenziell starkes Druckmittel.
In den Jahrzehnten nach dem Ende des Koreakriegs sind eine Handvoll US-Soldaten auf die nordkoreanische Seite übergelaufen, aber in letzter Zeit gab es keinen solchen Fall. Derzeit ist unklar, welche Absichten King hatte.