Ende einer Ära? High Heels – Qual auf Absätzen

Von Marianne Siegenthaler

20.7.2019

In manchen Dingen sind Männer einfach schlauer als Frauen. Beispielsweise wenn es um Schuhe geht.
In manchen Dingen sind Männer einfach schlauer als Frauen. Beispielsweise wenn es um Schuhe geht.
Bild: Getty Image

Droht den High Heels bald das Ende? Zumindest die Füsse würden es ihnen danken.

Ich sag es ungern, aber in manchen Dingen sind Männer einfach schlauer als Frauen. Beispielsweise wenn es um Schuhe geht.

Mal abgesehen von einigen wenigen Ausnahmen würden sich Männer niemals ihre Füsse mit Folterinstrumenten namens High Heels ruinieren.

Schon die Vorstellung schmerzt: Über Stunden auf Zehenspitzen gehen, unter der Ferse einen mehr oder weniger spitzen Absatz und durch das Gefälle ein Druck auf den Vorderfuss, dass man vor Schmerz schreien könnte. Die Anatomie des Fusses und der Stöckelschuh – diese zwei können niemals Freunde werden.

Die Rache folgt auf dem Fusse

Wen wundert es, dass sich der arme Fuss mit einem Hallux valgus, also einem völlig deformierten Grossen Zeh, rächt? Und damit das Tragen von hohen, engen Schuhen per se verunmöglicht. Der Abstieg von High Heels in Gesundheitslatschen ist also praktisch vorprogrammiert.

Warum aber tun sich Frauen das an? «Sie strecken. Und längere Beine sind nun mal schöner als weniger lange, und der Mensch möchte lieber schön sein als weniger schön.» So erklärt es Bettina Weber, Ressortleiterin Gesellschaft bei Tamedia und Expertin in Stilfragen. Dem kann ich nur beipflichten.

Lieber kein Blick auf den Scheitel

Trotzdem. High Heels waren und sind für mich kein Thema. Nicht nur, weil ich mir die Füsse nicht kaputt machen will. Auch weil ich anderen Leuten nicht auf den Scheitel schauen mag.

Ich bin zwar nicht riesig, aber mit hohen Schuhen sicherlich grösser als ein durchschnittlicher Mann. Und das würde wohl meine Attraktivität eher beeinträchtigen als steigern.

Nie ohne High Heels in der Öffentlichkeit unterwegs: Modemacherin Victoria Beckham – mit ihrem Mann David Beckham auf der royalen Hochzeit von Prinz William und Catherine Middleton im April 2011 in London.
Nie ohne High Heels in der Öffentlichkeit unterwegs: Modemacherin Victoria Beckham – mit ihrem Mann David Beckham auf der royalen Hochzeit von Prinz William und Catherine Middleton im April 2011 in London.
Bild: Getty Images

Ein weiterer Grund für flache Schuhe: Ich bin zwar nicht ständig auf der Flucht. Aber erfahrungsgemäss ist es manchmal gar nicht so schlecht, wenn Frau ein bisschen beschleunigen kann. Wenn man zum Beispiel blöd angemacht wird. Oder wenn es regnet. Oder man dringend auf die Toilette muss. Oder aus sonst einem Grund.

Unbequem als Konzept

Ausserdem ist mein wichtigstes Accessoire mein Activity Tracker. Der zählt meine Schritte: 10‘000 müssen es täglich sein. Damit spare ich mir viele langweilige Stunden auf dem Laufband oder dem Stepper in einem Fitness Center.

Um das Schrittziel zu erreichen, bin ich schon eine Zeitlang unterwegs. Gern flotten Schrittes, damit es auch was bringt. Und das geht mit Pumps gar nicht. Damit macht man keinen Schritt zu viel. Denn dafür sind sie einfach zu unbequem.

Aber das ist wohl das Konzept, wenn man Christian Louboutin (genau, der mit den roten Sohlen) glauben will. Er sagt: «Ich würde den Menschen hassen, der bei dem Anblick meiner Schuhe sagt: Oh mein Gott! Die sehen aber bequem aus!»

Frauenlassen sich nicht mehr in hohe Schuhe zwingen: Schauspielerin Julia Roberts machte es an den Filmfestspielen in Cannes 2016 vor.
Frauenlassen sich nicht mehr in hohe Schuhe zwingen: Schauspielerin Julia Roberts machte es an den Filmfestspielen in Cannes 2016 vor.
Bild: Getty Images

Ich muss aber auch zugeben: Ich kann in High Heels einfach nicht elegant laufen. Es sieht immer ein bisschen so aus, wie wenn Kinder die Stögis von Mami anziehen – nur weniger herzig. Also mehr so ein bisschen unbedarft und schwerfällig.

Und ich bezweifle, dass ein Kurs im High Heels-Tragen (jaja, sowas gibt’s) etwas daran ändern würde. Aber ich bin da nicht die Einzige. Für Normalsterbliche ist das Gehen in hohen Schuhen fast unmöglich, sagt Bettina Weber. «Es sieht zu bemüht aus. Und bemüht ist immer schlecht.» Auch dem kann ich nur zustimmen.

Flacher liegt im Trend

Jetzt aber soll die Gleichheit der Geschlechter auch auf Absatzhöhe angekommen sein. Das zumindest behauptet das Nachrichtenmagazin «Spiegel».

Leider sind aber die Alternativen auch wenig überzeugend: Sandalen (finde ich grässlich, weil die meisten Füsse einfach zu ungepflegt sind, um sich zu zeigen), Ballerinas (machen jede Durchschnittsfrau plump) oder Birkenstocks.

Genau. Die Öko-Latschen. Die Gesundheits-Treter. Vor ein paar Jahren haben Promis sie für sich entdeckt – wohl um die Pumps-geschädigten Füsse zu schonen –, und seit da gelten sie als hipp. Hässlich sind sie immer noch. Einzige vertretbare Alternative zu hohen Schuhen sind für mich Mocassins oder Sneakers.

Pumps nur noch freiwillig

Jedenfalls lassen sich Frauen nicht mehr in hohe Schuhe zwingen. Schauspielerin Julia Roberts hat es an den Filmfestspielen in Cannes 2016 vorgemacht. Aus Protest. Im Jahr zuvor waren nämlich Frauen in flachen Schuhen vom Personal zurückgewiesen worden.

Kristen Stewart machte es ihr nach und ging ebenfalls barfuss. Aber eine prominente Frau wird ganz sicher nicht auf ihre High Heels verzichten wollen: Victoria Beckham. Sie kann sich angeblich in flachen Schuhen einfach nicht konzentrieren …

Marianne Siegenthaler ist freie Journalistin und Buchautorin. Wenn sie grad mal nicht am Schreiben ist, verbringt sie ihre Zeit am liebsten im, am und auf dem Zürichsee.

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