Grünes Band durch die Stadt Wo früher Güterzüge fuhren: New Yorks «High Line Park» ist fertig

DPA

9.6.2019

Einst eine vergammelte Hochbahntrasse, ist die High Line längst ein blühender Park. Jetzt wird mit der Abzweigung «The Spur» das letzte Teilstück der beliebten New Yorker Touristenattraktion freigegeben.

Die Spur führt heute ins Nichts, aber das war nicht immer so. Mitte der 1930er-Jahre wurde im Südwesten Manhattans eine Hochbahntrasse gebaut, damit Güterzüge ihre Ware direkt in die oberen Stockwerke der dort ansässigen Fabriken und Lagerhäuser liefern konnten.

Die einstige Gütertrasse ist mittlerweile zum blühenden Park umgebaut worden, nun kommt auch ein kleiner Abstecher über der 10th Avenue dazu: «The Spur» wird als allerletzter verbliebener Teil der alten Hochbahntrassenstruktur nun auch Teil der High Line, die mittlerweile zu den beliebtesten Touristenattraktionen der Stadt gehört. Mehr als sieben Millionen Menschen spazieren jedes Jahr über das inzwischen weltweit nachgeahmte Erfolgsprojekt – so viele, dass an sonnigen Tagen fast schon eine Art Dauerstau herrscht. Die Parkmeile macht mittlerweile in vielen anderen Städten Schule.

Flanieren, staunen, sehen und gesehen werden

Die Trasse ist rund 2,5 Kilometer lang und meist gerade . Nur im Nordteil gibt es grosse Kurve und einem einzigen kurzen Seitenabstecher – etwa auf Höhe des Empire State Buildings: Eben jene «The Spur». Gebaut wurde der Abstecher, der heute ins Nichts führt, damit Güterzüge Briefe und Pakete in das einst angrenzende Verteilerzentrum der US-Post bringen und von dort abholen konnten.



«The Spur» soll nun neuen Platz bringen, zum Spazieren, Sitzen, Sehen und Gesehenwerden, für Blumen und Bäume – und für Kunst, schon seit längerem ein Fokus der Betreiber der High Line. Den Auftakt macht «Brick House», die fast fünf Meter hohe Büste einer afro-amerikanischen Frau, die die Künstlerin Simone Leigh eigens für diesen Ort angefertigt hat und die bis September dort zu sehen sein soll. «Ich habe mir gedacht: Was gibt es für einen besseren Ort für eine weibliche, afro-amerikanische Figur?», sagt Leigh. «Nicht unbedingt aus Trotz, sondern um eine andere Vorstellung von Schönheit dort zu haben.»

In den 1980er-Jahren war die Trasse zur Brache geworden, die Verbindung zwischen der «Spur»-Abzweigung und dem Post-Verteilerzentrum wurde gekappt. Immer mehr Lastwagen wurden eingesetzt, und 1980 fuhr der letzte Zug über die heutige High Line – an Bord gefrorene Truthähne. Die Trasse vergammelte und mit ihr die Viertel um sie herum, bald geprägt von stinkender Fleischindustrie, Abfallbergen, Strassenstrich, Kriminalität und Drogen.

Den Abriss erfolgreich verhindert

Der Abriss der Trasse war eigentlich beschlossene Sache, aber Joshua David und Robert Hammond hatten andere Pläne. Die Nachbarn hatten sich auf einem Gemeinde-Treffen kennengelernt und eine Vision entwickelt: Die High Line sollte zum Park werden. Sie klagten gegen den Abriss, mobilisierten Prominente wie Schauspieler Edward Norton und Designerin Diane von Fürstenberg, sammelten Millionen – und hatten schliesslich Erfolg.



2009 eröffnete der südliche Teil der High Line als Park, 2014 kam der nördliche hinzu. Die Schienen der Trasse sind vielerorts geblieben, aber dazwischen blühen Astern, Petunien oder Goldruten, führen Wege und stehen Bänke. Es eröffnen sich Panoramablicke etwa auf das Empire State Building oder die Freiheitsstatue. Es gibt Essensstände, Führungen durch die Blumenbeete, kostenlose Sportkurse, gemeinsames Sterne-Gucken, Konzerte und Angebote für Kinder. «Wir haben eine neue Art und Weise geschaffen, wie man in New York und überall sonst über öffentlichen Raum nachdenkt», sagt Gründer David.

Der «Spur»-Abstecher war einst mit am stärksten vom Abriss bedroht. Unter anderem mit roten T-Shirts mit «Save the Spur»-Aufdruck protestierten die High-Line-Betreiber immer wieder dagegen – und hatten nun Erfolg. «The Spur ist eine wichtige Erinnerung an das industrielle Erbe New Yorks», sagt Mitgründer Hammond. «Es gibt immer noch viel zu tun, aber das hier zeigt, was passieren kann, wenn Mitglieder einer Gemeinschaft sich zusammentun.»

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