Trockenfisch und Tonerde Kurioser Glace-Trend in Kapstadt

Von Kristin Palitza, dpa

7.8.2022 - 18:09

Tapiwa Guzha in  seiner Eisdiele «Tapi Tapi in Kapstadt.
Tapiwa Guzha in seiner Eisdiele «Tapi Tapi in Kapstadt.
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Eine Kugel Meeresalgen oder Baobab-Samen gefällig? Ein Molekularbiologe hat in Südafrikas Touristenmetropole Kapstadt mehr als 600 ungewöhnliche Eissorten erfunden.

Von Kristin Palitza, dpa

Tapiwa Guzha liebt es, mit neuen Geschmackskombinationen zu spielen. Seine jüngste Kreation: Getrockneter Fisch mit Chili und Karamell. Damit will der in Kapstadt lebende Simbabwer die Eiscreme-Kultur revolutionieren. Auf jeden Fall hat er einen neuen Trend gesetzt: italienisches Gelati mit afrikanischem Flair.

Der studierte Molekularbiologe hat bereits mehr als 600 schräge Glacesorten erfunden und damit einen kulinarischen Kult ausgelöst. Touristen und Kapstädter stehen an seiner Eisdiele «Tapi Tapi» Schlange, um die verrückten Kreationen zu kosten. «Tapi Tapi» ist ein cleveres doppeltes Wortspiel aus Guzhas Vornamen und bedeutet ausserdem «Lecker Lecker» in seiner Muttersprache Shona.

Mit breitem Grinsen und in einen lässigen schwarzen Hosenanzug gekleidet, steht Guzha hinter dem Tresen seiner Eisdiele und erklärt, dass sein Eis weit mehr für ihn bedeute als neuartigen Genuss: Er wolle die Grenzen traditioneller Esskultur sprengen und einen Dialog über Afrikas Geschichte, Lebensart und Identität anregen.

Aus Experimentierfreudigkeit wird ein Geschäft

«Mein Glace soll Leuten helfen, unsere Vielfalt zu feiern und ihnen helfen, zu erkennen, dass wir uns alle mehr ähneln als wir uns unterscheiden», sagt er und spielt auf Probleme wie Rassismus und soziale Ungerechtigkeit an.

Guzha hat in der Touristenmetropole Kapstadt mehr als 600 ungewöhnliche Eissorten erfunden.
Guzha hat in der Touristenmetropole Kapstadt mehr als 600 ungewöhnliche Eissorten erfunden.
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Nachdem Guzha 2018 zum Studium ins südafrikanische Kapstadt zog, begann er zunächst, für sich selbst und seinen Freundeskreis mit Eis zu experimentieren. Es sei ein Mix aus Liebe zu leckerem Essen und wissenschaftlicher Experimentierfreudigkeit gewesen, meint er.

Bald war die Nachfrage so gross, dass er Eiscreme auf Bestellung lieferte oder an Pop-Up-Veranstaltungen teilnahm. Vor zwei Jahren eröffnete Guzha schliesslich «Tapi Tapi» im multikulturellen, trendigen Studentenviertel Observatory.

Glace mit Tamarinde oder Okraschoten

Für Guzha ist das Eis-Machen eine Art Ode an Afrika. Seine Inspiration schöpft der 36-Jährige aus den Aromen seiner Kindheit. Im Garten seiner Grossmutter in einem Vorort von Simbabwes Hauptstadt Harare wuchsen Sorghum und Hirse, Hibiskus und Erdnüsse. «Zum ersten Mal ass ich Glace, das nicht nur lecker war, sondern mir etwas bedeutete», erzählt er. «Mir wurde klar, dass ich Leuten damit etwas über afrikanisches Essen beibringen kann und mit ihnen ein Stück der Nostalgie teilen kann, die ich mit den Aromen verbinde.»

Tapiwa Guzha liebt es, mit neuen Geschmackskombinationen zu spielen.
Tapiwa Guzha liebt es, mit neuen Geschmackskombinationen zu spielen.
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Seine Eisdiele soll ein Ort sein, an dem Menschen auf spielerische Art mehr über Afrika, seine verschiedenen Küchen und kulturellen Praktiken rund ums Essen erfahren können. Wichtig ist Guzha vor allem das Zusammenspiel einheimischer afrikanischer Zutaten, die man normalerweise nicht mit Eis in Verbindung bringen würde – ob gerösteter Kürbis, Tamarinde oder Okraschoten.

Gemischt werden die ungewöhnlichen Aromen mit südafrikanischen Orangen, Granadilla, Trauben und Rotbusch-Tee, Vanille aus Madagaskar oder Kokosnuss aus Uganda. Von seiner Oma lernte Guzha auch über die heilenden Eigenschaften von Kräutern und Pflanzen. Der Behaarte Zweizahn zum Beispiel, eigentlich ein Unkraut, habe viel Vitamin C, erzählt Guzha. In Kombination mit Kokosnuss und Karamell kann man das Kraut bei «Tapi Tapi» schlecken.

Fasziniert bis angewidert

Eine weitere beliebte Zutat ist Imphepho (afrikanischer Salbei), eine Heilpflanze, die in vielen spirituellen Ritualen verwendet wird. Essbare Tonerde, reich an Mineralien, wird von schwangeren Frauen in vielen afrikanischen Ländern verzehrt. Das heisst: das Eis soll nicht nur gut schmecken, sondern auch gut tun.

Die Reaktionen seiner Kunden seien sehr unterschiedlich, erzählt Guzha lachend. «Wir haben schon alles erlebt, von begeistert zu verblüfft und fasziniert bis hin zu angewidert oder schockiert.» Ein klein wenig wolle er halt auch provozieren, gibt er zu. Abongile Ntsane, eine Töpferin aus der Nachbarschaft, zählt zu Guzhas Stammkunden. «Ich finde es fantastisch, dass jemand endlich mal was richtig Afrikanisches mit Eis macht», sagt sie.

Am besten schmecke ihr alles mit Ingwer. Auch Kholi Potwana, die an der nahegelegenen Uni arbeitet und zum ersten Mal ein Eis von «Tapi Tapi» isst, ist begeistert. Sie hat zunächst eine nicht allzu abwegige Variante ausgewählt – Hibiskus, Anis, Nelke – aber das nächste Mal will sie eine Kugel mit getrocknetem Fisch probieren. «Das ist so einzigartig. Ich werde allen meinen Freunden davon erzählen.»