175 Jahre Julius Maggi Der Schweizer, der das Würzen revolutionierte

Von Christiane Oelrich, dpa/bb

23.10.2021 - 14:51

«Hausfrauen, es ist nie zu spät, um zu verbessern!»: So warb Julius Maggi in den 1930er Jahren für seine Flüssigwürze.
«Hausfrauen, es ist nie zu spät, um zu verbessern!»: So warb Julius Maggi in den 1930er Jahren für seine Flüssigwürze.
Bild: Keystone/IBA-ARCHIV/Str

Manche Produkte haben sich seit ihrer Einführung so erfolgreich verbreitet, das die Markennamen die ganze Gattung bezeichnen: So auch bei Maggi für Würze. Ganz nach dem Gusto des Erfinders.

23.10.2021 - 14:51

«Hausfrauen, es ist nie zu spät, um zu verbessern!» Ein paar magische Tropfen könnten jede fade Suppe oder Sauce retten – so warb Maggi in den 1930er Jahren für seine Flüssigwürze.

Bis heute gehört sie in unzähligen deutschen Küchen zur Grundausstattung wie Salz und Pfeffer, um Suppen, Saucen, Aufläufe und Eintöpfe zu würzen. Namensgeber ist der Erfinder, Julius Maggi, der in Frauenfeld geboren wurde.

Maggi ist auch der Urvater des Brühwürfels und einer der Pioniere der industriellen Lebensmittelproduktion. «Er war ein umtriebiger Unternehmer», sagt Albert Pfiffner, Archivchef des Schweizer Nahrungsmittelriesen Nestlé, zu dem Maggi seit 1947 gehört.

Maggi oder «Madschi»?

Ein Ma, zwei gg, ein i: Für unsere nördlichen Nachbarn ist die Sache mit der Aussprache klar: Maggi eben.

Aber der Namensgeber sprach sich anders aus. Julius Maggi war der Sohn eines italienischen Einwanderers. Sein Name wird deshalb «Madschi» ausgesprochen, wie der Lago Maggiore. In vielen Ländern wird die Firma bis heute auch «Madschi» ausgesprochen.

Julius Maggi wurde 1846 geboren. Sein Vater brachte es mit einer Mühle zu einigem Wohlstand. Als der Sohn das Unternehmen mit 23 Jahren übernahm, kam im Zuge der Industrialisierung aber immer mehr günstiges Getreide aus dem Ausland.

Maggi ersann neue Produkte. Inspiriert von einem Arzt wollte er nahrhafte und preiswerte Nahrung für Arbeiter machen und begann mit Mehlen aus eiweisshaltigen Hülsenfrüchten, Leguminosen.

Flaschen mit Maggi-Würze aus unterschiedlichen Jahren.
Flaschen mit Maggi-Würze aus unterschiedlichen Jahren.
Bild: dpa

Maggi war so begeistert, dass er eine Tochter Leguminosa nennen wollte, was seine Frau gerade noch verhindern konnte. Zum Glück: «Die Leguminosen waren ein Flopp», sagt Pfiffner.

Unbeirrt machte Maggi aber weiter. Er brachte die etwas erfolgreicheren Suppenmehle aus Erbsen und Bohnen auf den Markt. Das Schweizerische Nationalmuseum spricht von Maggis stürmischer Energie und Experimentiersucht.

Maggi, der Marketingprofi

Den unternehmerischen Durchbruch schaffte Maggi aber 1886 mit der Flüssigwürze, einer Weltneuheit. Schon ein Jahr später begann die Abfüllung in einem Werk im deutschen Singen unweit des Bodensees, wo bis heute Maggi-Würze hergestellt wird. 240'000 Flaschen sind es täglich, die in 21 Länder exportiert werden. Weitere Werke gibt es heute in China, Polen, Kamerun, Elfenbeinküste und Mexiko.

Maggi brachte nach der erfolgreichen Flüssigwürze weitere Produkte heraus, und 1908 den legendären Brühwürfel, als schnelle Basis für Mahlzeiten aller Art. Auch im Marketing war Maggi Pionier.

Als einer der ersten Unternehmer richtete er eine Werbeabteilung ein. Der später berühmte Dichter Frank Wedekind textete einst für Maggi: «Wie dem Leben Poesie/Fehle Maggi's Suppen-Nahrung/Maggi's Speise-Würze nie!»



Der Maggi-Brühwürfel hat den Maler Picasso inspiriert: Er verewigte ihn 1912 in seinem Werk «Paysage aux affiches». Joseph Beuys verwendete die Maggi-Flasche 1972 für sein Objekt «Ich kenne kein Weekend». Die Flasche mit dem gelb-roten Etikett hat Maggi selbst entworfen. An dem Design hat sich in gut 130 Jahren wenig geändert.

Auch am Rezept nicht, das heute je nach Absatzmarkt ein bisschen angepasst wird. Grundbestandteile sind pflanzliches Eiweiss, Wasser, Salz und Zucker, dazu kommen Aromen und Hefeextrakte. Viele Menschen fühlen sich an das Würzkraut Liebstöckel erinnert, das kurioserweise heute auch Maggi-Kraut heisst. Es gehört aber nicht zu den Zutaten.

Die genaue Zusammensetzung und Herstellung sind Betriebsgeheimnis. Schon Maggi hütete das Rezept aus Angst vor Industriespionage in einem Tresor. Nestlé hat ein Originaldokument dazu in Maggis Handschrift. Um Abwerbungen seiner Angestellten und damit womöglich die Preisgabe seiner Verfahren zu verhindern, umsorgte Maggi die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter: Er richtete zum Beispiel eine betriebsinterne Kranken- und Vorsorgekasse ein und baute Arbeitersiedlungen.

Maggi starb 1912 mit 66 Jahren. Er hatte vier Töchter und einen Sohn. Ob noch direkte Nachfahren von Julius Maggi leben, weiss Nestlé nicht.



Von Christiane Oelrich, dpa/bb