Ana de Armas Diese Kubanerin ballert mit Bond

Von Marlène von Arx, Los Angeles

25.9.2021

Wer ist die «Lady in Santiago», die James Bond in «No Time To Die» treffen soll? Sie heisst Ana de Armas, stammt aus Kuba und hat sich in Hollywood bereits einen Dauerplatz auf den Casting-Listen und in der Klatschpresse gesichert.

Von Marlène von Arx, Los Angeles

25.9.2021

Das passiert nicht jeden Tag: Das Telefon klingelt und am anderen Ende ist der Regisseur des neuen James Bond-Films. «Es war ganz verrückt», erinnert sich Ana de Armas an ihr erstes Gespräch mit Cary Fukunaga. «Denn im Drehbuch gab es meine Rolle gar nicht, aber er sagte, dass ein Teil des Films in Kuba spiele und er eine Rolle für mich schreiben wolle.»

Die kubanische Schauspielerin war geschmeichelt. «Aber ich habe ihm auch gesagt, ich wolle zuerst lesen, was ich zu tun hatte, bevor ich zusage.»

Egal wie hoch die Ehre, sich in die lange Liste der unvergesslichen Bond-Gefährtinnen einzureihen, die 33-Jährige ist sehr darauf bedacht, keine Klischee-Latinas zu spielen. Deshalb schlug sie auch beinahe die Rolle in der Krimikomödie «Knives Out» aus. De Armas spielt darin die Pflegerin des Patriarchen, die mehr über dessen Tod weiss, als sie vermuten lässt.

«Oft sollen wir ja Diebe, Prostituierte oder die sexy Krankenschwester spielen, aber Marta repräsentiert eine andere Seite unserer Kultur», liess sie sich dann doch überzeugen. «Knives Out» gab ihr auch die Gelegenheit, zum ersten Mal mit Daniel Craig zu arbeiten, der im Film den Kommissar verkörpert. Diese Vertrautheit half ihr später, bei «No Time To Die» relativ entspannt an seine Seite zu treten. Sie bezeichnet den 007-Darsteller als ihren Mentor und als unerbittlich: «Egal wie erschöpft er ist und oder wie viele Knochen er gebrochen hat, er kommt aufs Set und arbeitet bis zum Umfallen.»



«Ich wollte mehr»

Als unerbittlich und unaufhaltsam könnte man auch Ana de Armas beschreiben: Noch vor wenigen Jahren sprach sie kaum Englisch. In bescheidenen Verhältnissen in Santa Cruz del Norte auf Kuba geboren, spielte sie schon als Kind Szenen, die sie am Fernsehen gesehen hatte, vor dem Spiegel nach: «Wir hatten keinen DVD- oder VHS-Player, aber die Nachbarin hatte einen. Dort sah ich den Film ‹Mathilda›. Danach ging ich nach Hause und spielte den ganzen Film für meinen Bruder nach.»

Bald ging sie in die Theaterschule in Havanna und träumte von einer Karriere in Kuba, denn Hollywood-Stars wie Tom Hanks und Julia Roberts schienen ihr weit weg in einer anderen Galaxie zu leben. Im Gegensatz zu vielen ihrer Landsleute hatte ihre Familie keine Verwandten oder Freunde im nahegelegenen Miami.

«Die Nacktszene ist mir egal, aber das mit den Haaren? Können wir das diskutieren?»

Aber da ihre Grosseltern mütterlicherseits aus Spanien stammen, hat sie einen spanischen Pass und konnte mit achtzehn nach Europa ausreisen: «Ich wollte mehr Möglichkeiten. Spanien war meine einzige Option.» Acht Jahre lief es ganz gut. Sie spielte in der Schulserie «El Internado» und in der Historienserie «Hispania, la leyenda» mit. Aber als Filmschauspielerin kam sie nicht weiter.

Also packte die Ehrgeizige wieder ihre Koffer. Sie trennte sich vom Schauspieler Marc Clotet, mit dem sie zwei Jahre verheiratet war, und versuchte ihr Glück ab 2013 in Hollywood.

Durchbruch mit «Blade Runner 2049»

Die ersten englischen Dialoge in Indie-Filmen lernte sie phonetisch. «Auch bei der Pressetour für ‹Blade Runner 2049› war mein Englisch nicht sattelfest», blickt de Armas lachend zurück.

«Was ich in Spanien und Kuba gemacht hatte, zählte nicht viel. Ich musste wieder von vorn anfangen.» Beim ersten Casting von «Blade Runner 2049» gab man ihr eine Szene aus «Ex Machina» vorzutragen, beim zweiten Vorsprechen wusste sie immer noch nicht, in welchem Verhältnis die Rolle von Joe mit Ryan Gosling stand. Beim dritten Vorsprechen sagte man ihr, sie hätte eine Nacktszene und müsste sich die Haare schneiden und dunkel färben. «Ich sagte, die Nacktszene ist mir egal, aber das mit den Haaren? Können wir das diskutieren?»

Seither geht es Schlag auf Schlag. Nur eine Pandemie vermochte zu verhindern, dass ihr Name nicht längst in aller Munde ist. Sowohl die Marilyn-Monroe-Biografie «Blonde» («Ich habe mich ein Jahr lang für die Rolle und den Akzent vorbereitet») und der Patricia-Highsmith-Krimi «Deep Water» mit Ben Affleck wurden auf 2022 verschoben.

Während Kinofans auf «Deep Water» warten, hat sich Ana de Armas in Ben Affleck verliebt und sich bereits wieder von ihm getrennt. Nicht zuletzt sollen die beiden geografische Probleme gehabt haben: Affleck lebt wegen der Kinder in Los Angeles, Ana de Armas ist die Stadt verleidet.

«Die meisten meiner Freunde in L.A. sind nicht von L.A. und ich drehe oft gar nicht in der Stadt. Wir werden sehen, ich möchte noch andere Orte auskundschaften. Aber sobald ich mich für den Umzug entscheide, passiert wohl etwas und ich bleibe.»

Passiert ist inzwischen eine neue Liebe. Gemäss der einschlägigen Presse ist Ana de Armas jetzt mit Paul Boukadakis, dem Vizepräsident der Dating-App Tinder, zusammen. Sein beruflicher Hauptsitz ist in Austin, Texas.

Wohin es sie in nächster Zeit auch verschlagen mag, Heimweh nach Kuba, wo ihre Familie lebt, hat sie so oder so. Die Situation in ihrem Heimatland verfolgt sie mit grossem Interesse: «Kuba wandelt sich, aber vieles bleibt auch gleich», so de Armas, die jeweils mit vollen Koffern hin und leeren zurückreist.

«Die Regierung ist gleich, sich nicht über die Welt informieren zu können, ist immer noch gleich. Es gibt zwar Wi-Fi-Spots und man kann online gehen, aber es ist alles sehr limitiert. Bei den Jungen tut sich jedoch einiges. Das will ich nicht verpassen.»