Krimi-Parodie «Advent, Advent» Lara Stoll: «Nico gibt einen F*ck drauf, was sie rauslässt – das gefällt mir»

Von Tobias Bühlmann

27.11.2020

Am Sonntag startet auf SRF die Krimi-Parodie «Advent, Advent» mit Slam- Poetin Lara Stoll in der Hauptrolle. Sie spielt eine zerrissene Polizistin. Im Interview sagt sie, was sie an der Rolle mag und warum sie Journalisten manchmal gern ins Gesicht furzen möchte.

Lara Stoll ginge mit ihren 33 Jahren fast noch als Jungtalent durch. Doch das täuscht – also eigentlich nicht, denn sie ist jung, und ihr Talent hat sie schon eindrücklich und oft unter Beweis gestellt. Doch die Slam-Poetin steht schon seit anderthalb Jahrzehnten auf der Bühne.

Jetzt spielt Stoll die Hauptrolle in «Advent, Advent» auf SRF. In der Krimi-Parodie von Autorin und Regisseurin Natascha Beller ist sie Nico, eine drogensüchtige, unangepasste Polizistin. In vier halbstündigen Folgen löst sie Kriminalfälle – und spielt sich ins Herz des Publikums. Denn gerade weil sie so quer schlägt, wächst einem Nico schnell ans Herz.

Regisseurin Natascha Beller: Dreh trotz Schwangerschaftsübelkeit

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Die Krimi-Parodie ist ein schöner Kontrast zwischen einer besinnlichen Zeit und dem Tod, erzählt Natascha Beller im «What to Watch»-Studio. Und verrät, dass die Produktion erst einen Tag vor der Geburt ihrer Tochter fertig wurde.

29.11.2020

Die Rolle passt überaus gut zu Lara Stoll: Sie macht lieber Dada als die in der Schweiz sonst überaus verbreiteten Kantönli-Witze. Und begeistert das Publikum gerade wegen ihrer anarchistischen Haltung. Das brachte ihr vor wenigen Tagen den renommierten Kleinkunst-Preis Salzburger Stier. Und damit – zusammen mit der anstehenden TV-Premiere – eine kräftige Portion Aufmerksamkeit, die sie allerdings gerade auch ziemlich fordert, wie sie gleich zu Beginn unseres Interviews sagt.

Lara Stoll: Ich bin langsam etwas durchgenudelt von allem. Ich habe in den letzten Wochen vier Kilo abgenommen. Ich nenn’s die Medienvielfalt-Diät – aber die ist nicht empfehlenswert. Lieber Trennkost.

Dann gibt’s doch noch ein paar Journalisten, die was von Dir wissen wollen?

Ja, es ist gerade schon etwas irre. Also das ist natürlich auch gut, das muss man ja auch nutzen und irgendwie aushalten.

Ich mag «Advent, Advent» sehr. Und hier heuchle ich nicht nur fürs Interview, das meine ich auch so.

Ich finde auch, dass die Sache schön geworden ist. Und ich bin auch froh, dass es die Journalisten gut aufnehmen. Bis jetzt haben sich die meisten sehr positiv geäussert. Das macht natürlich Freude.

Aber Du kennst ja eigentlich eh keine schlechte Presse, oder?

Gott sei Dank nicht so. Ich weiss auch nicht … Bis jetzt war die Presse immer sehr wohlwollend mir gegenüber. Sonst hätte ich aber auch weniger Lust, dieses Spiel mitzumachen. Also es darf ja auch jemand schreiben, wenn er oder sie etwas schlecht findet. Aber ich bin natürlich froh, wenn alle so grosszügig sind.

«Ich dachte mir beim Lesen des Drehbuchs, dass ich diese Frau irgendwie kenne.»

Sonst stehst Du ja mit eigenem Material auf der Bühne oder bist gleich hinter der Kamera. Wie war das, für einmal eine Rolle zu spielen, die jemand anders für Dich geschrieben hat?

Das war Neuland, aber auch extrem schön. Ich mag Nataschas Arbeit und ich hatte grosse Lust, das zu spielen und mir die Sätze in den Mund legen zu lassen, die Nico da raushaut. Im Vornherein war ich etwas nervös, die Hauptrolle muss schliesslich die ganze Serie dann tragen. Das war eine grosse Verantwortung und schon sehr speziell. Es hat mir aber auch viel Selbstvertrauen gegeben – ein nächstes Mal werde ich es bestimmt relaxter angehen können.

Und was hat Dir die Rolle von Nico bedeutet? Autorin und Regisseurin Natascha Beller hat mir gesagt, dass sie beim Schreiben schon sehr klar an Dich gedacht hat.

Ja, man hat mir gesagt, dass sie schon früh gewusst habe, dass ich Nico spielen müsse. Ich dachte mir auch beim Lesen des Drehbuchs, dass ich diese Frau irgendwie kenne. Darum hat es mich schon sehr gereizt und ich war dann auch froh, konnte ich mich am Ende durchsetzen beim Casting.

Wie gefiel Dir Nico, diese junge, unangepasste Polizistin, die Probleme hat mit Drogen und mit ihrer Mutter? Und wie nah bist Du ihr gefühlsmässig?

Was mir an ihr gefällt, ist, dass sie sehr direkt ist und einfach einen F*ck drauf gibt, was sie rauslässt – egal, wie unpassend es ist. Da könnte ich mir eigentlich noch eine Scheibe von ihr abschneiden. Und dass sie trotzdem ein grosses Herz hat. Und zerrissen ist. Zugleich ist sie auch etwas naiv. Aber dieses Rohe und das Zelebrieren der schlechten Laune, das kenne ich auch von mir. Ich nutze das oft als Antrieb, ich therapiere mich dann mit Text. Nico dagegen therapiert sich gar nicht, sie nimmt einfach noch mehr Drogen und Alkohol. Das ist auch ein verlockender Weg, aber vermutlich nicht der allergesündeste.

«Das nächste Mal furze ich dem Journalisten bei so einer Frage wirklich ins Gesicht»

Du könntest Dir von Nico ein Stück abschneiden? Dein Komiker-Kollege Dominic Deville hat mir kürzlich gesagt, es beeindrucke ihn, wie zielsicher Du am Gmögigen und am Mainstream vorbei dein eigenes Ding machst.

Das stimmt schon, auf der Bühne bei meiner Kunst und beim Filmemachen bin ich das auch. Ich meine mehr, dass ich – ich merke das vor allem in Interviews – sehr diplomatisch bin. Für mich würd’s auch mehr Kante ertragen. Aber das muss auch nicht sein, ich bin ja auch kein Teenie mehr. Man kann sich ja auch irgendwann etwas anpassen. Wenigstens im Privaten.

Apropos Interviews: Es soll ja immer wieder Journalisten geben, die bei Interviews mit Komödianten selbst das Gefühl haben, lustig sein zu müssen. Kommt das öfter vor?

Ja die lustigen Fragen ... da könnte ich schon ein Lied davon singen, entweder sie beinhalten das Wort «Thurgau» oder aber etwas à la «Wer bist du, und wenn ja, wie viele?». Das nächste Mal furze ich dem Journalisten bei so einer Frage wirklich ins Gesicht. Lass doch die Person, die Du interviewst, die Pointe machen, anstatt sie auf eine Pointe reagieren zu lassen. Wir Comedians sind ja auch nicht immer lustig. Im Gegenteil, wir sind himmeltraurige Personen! (lacht)

Da muss ich jetzt schauen, wie ich diese Passage diplomatisch aufschreibe.

Schick’s mir dann einfach noch mal zum Gegenlesen, ich mache dann aus furzen noch pupsen.

Themenwechsel: Du hast erst gerade den Salzburger Stier erhalten. Was bedeutet Dir die Auszeichnung?

Eben, Gewichtsverlust und ein paar Nerven, aber auch sehr viel Freude und Ehre! Ich habe auch überhaupt nicht damit gerechnet.

«Man könnte ja eigentlich schon mal wieder lineares Fernsehen zelebrieren»

Und jetzt auch noch die Hauptrolle in einer Serie, die Sonntagabend auf SRF gezeigt wird – bei Dir läuft es grad echt gut.

Ja! Als ob es von langer Hand geplant gewesen wäre. Ich bin auch froh, dass das grad zusammenkommt, so kann ich es in einer Welle nehmen, und dann ist es auch wieder erledigt (lacht). Aber das ist natürlich auch gut, weil so auch alle grad nach der Serie fragen.

Was machst Du am Sonntagabend? Eine grosse Premierenparty liegt derzeit ja nicht drin.

Ich glaube, ich sehe es mir auf italienisch an – ich habe mir schon ein paar für RSI synchronisierte Schnipsel angesehen und konnte nicht fassen, wie lustig es ist in einer anderen Sprache. Mein Freund hat einen Fernseher, da könnte man ja eigentlich schon mal wieder lineares Fernsehen zelebrieren.

In «What to Watch – Weekend» ist die Regisseurin und Autorin Natascha Beller bei Vania und Frank zu Gast und beantwortet alle brennenden Fragen zur Krimi-Parodie.

«What to Watch – Weekend»: Mit Regisseurin Natascha Beller, einem mörderischen Jubiläum und Michelle Hunziker

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