Welfen-Prinz entsetztRichterin verbannt Ernst August von seinem eigenen Landsitz
dpa/che
23.3.2021 - 16:50
Prinz Ernst August von Hannover hat sich heute in Österreich vor Gericht verantwortet. Die Anklagepunkte: Widerstand gegen die Staatsgewalt, schwere Körperverletzung, gefährliche Drohung und Nötigung. Das Urteil: schuldig.
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23.03.2021, 16:50
23.03.2021, 17:32
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Das Gericht sah es als erwiesen an, dass der 67-Jährige im Zustand voller Berauschung unter anderem Polizisten attackiert und ein auf seinem Anwesen tätiges Verwalter-Ehepaar massiv bedroht hat. Deshalb erteilte die Richterin auch die Weisung, dass Ernst August zumindest in den nächsten drei Jahren nicht an seinem bisherigen Wohnsitz im oberösterreichischen Almtal leben darf.
«Unmöglich», «undenkbar», reagierte Ernst August auf diesen Teil des Urteils entsetzt. Er lebe dort seit 50 Jahren. Das Urteil ist nicht rechtskräftig. Verteidigung und Staatsanwaltschaft gaben zunächst keine Erklärungen ab.
Eine Rückblende: Darum ging es im Prozess
Es sind schwere Delikte, für die sich der Ex-Mann von Caroline von Monaco heute Dienstag vor Gericht verantworten musste. Die Staatsanwaltschaft wirft dem deutschen Adeligen vor, sich durch Alkohol und Medikamente in einen Zustand voller Berauschung gebracht zu haben. In dieser Verfassung habe er im vergangenen Jahr gleich mehrfach einen Mitarbeiter und vor allem mehrere Polizeibeamte bedroht und teils angegriffen. Diese Delikte gelten als Widerstand gegen die Staatsgewalt, schwere Körperverletzung, gefährliche Drohung und Nötigung. Dem Urenkel des letzten deutschen Kaisers drohen bis zu drei Jahre Haft.
Die Maske durfte der Welfenprinz auf dem Stuhl in der Mitte des Schwurgerichtssaals vorübergehend abnehmen. Sie wolle seine Mimik sehen, sagte Richterin Teresa Bergthaler. Doch zu einer wirklichen Befragung kam es am Dienstag vor dem Landgericht Wels in Österreich nicht.
Der 67-Jährige verlas zunächst eine Entschuldigung. «Ich übernehme die Verantwortung, bedauere das Geschehene ausserordentlich und bin bereit, für die Schäden aufzukommen», sagte er. Zugleich bekannte er sich nicht schuldig. «Ich spreche Sie als ‹Herr Hannover› an», machte die Richterin ihrerseits gleich zu Beginn klar. In Österreich sind Adelstitel seit 1919 verboten.
Nach seinem Statement entschwand der Spross einer der ältesten Fürstenfamilien Europas für den Rest des Tages. Er gehöre als ehemaliger Krebspatient einer Hochrisikogruppe an, und habe Angst, sich im Gerichtssaal mit dem Coronavirus anzustecken, so Ernst August von Hannover.
Ein riesiges Medienecho
Der Prozess war mit Spannung erwartet worden. Die 20 verfügbaren Plätze im Saal waren allesamt für Pressevertreter nicht zuletzt aus Deutschland reserviert. Und die Medien spielten gleich eine Hauptrolle. Die Verteidigung wiederholte ihren Vorwurf einer «Vorverurteilung» durch die Berichterstattung in diversen Zeitungen und Magazinen. Das liess die Staatsanwaltschaft nicht gelten. Die Ermittlungen seien völlig objektiv geführt worden. «Es gab weder einen Promi-Bonus noch gereichte ihm sein Name zum Nachteil», so die Vertreterin der Anklage.
Der Prozess dreht sich um mehrere Vorfälle im Sommer 2020. Ausgangspunkt war der Notruf eines als verwirrt eingeschätzten älteren Herrn bei der Polizei, der sich bedroht fühlte und sich als krank bezeichnet hatte. Beim Eintreffen der Streife auf dem idyllischen oberösterreichischen Anwesen des Anrufers, der sich als Ernst August herausstellte, wurden die Beamten nach eigenen Angaben zunächst Zeugen eines aggressiven Auftretens des Angeklagten gegen seinen Verwalter. Die Wut des offenkundig betrunkenen 67-Jährigen richtete sich dann aber schnell gegen die Polizisten.
«Er hat mir ins Gesicht geschlagen», sagte einer der als Zeugen befragten Polizisten aus. Seinen Kollegen soll Ernst August mit beiden Händen am Kopf gepackt haben, bevor er selbst in einer Abwehrhandlung des Beamten zu Boden stürzte. Ausserdem sei er auf die Beamten mit einem Messerschleifer losgegangen, den sie ihm aus der Hand geschlagen hätten, so die Zeugen weiter. Der Welfenprinz habe zigfach Drohungen geäussert. «Er werde seine Söldner schicken und uns umbringen lassen», steht in einer der Aussagen eines Polizisten. «Auch unsere Familien wurden von ihm bedroht», sagte ein Beamter aus.
Der Vorfall Ende Juli war der Auftakt zu weiteren Eskalationen. Als die Beamten das gegen den Welfenprinzen ausgesprochene Waffenverbot vollstrecken und ihm die Lang- und Kurzwaffen abnehmen wollten, habe er erneut getobt und wüste Beschimpfungen geäussert. Schliesslich – mehrere Wochen später – soll er eine bereits zuvor bei seinem Anwesen eingesetzte Polizistin bedroht haben. Aus einem Taxi heraus habe er ihr mit einem mitgeführten Baseballschläger zu verstehen gegeben, dass er ihr den Schädel einschlagen werde, erklärte die Beamtin vor Gericht. «Er wirkte sehr klar, wie bei einem Rachefeldzug.»
Die alleinerziehende Mutter hatte plötzlich Angst um ihre eigene Sicherheit und die Sicherheit ihrer Kinder. «Noch nie habe ich es mit einer Partei zu tun gehabt, die mich derart oft mit dem Tod bedroht hat», verwies sie auch auf zahlreiche Anrufe des Welfenprinzen auf ihrer Polizeiwache.
Die Verteidigung verwies mehrfach auf die Entschuldigung des 67-Jährigen. Und sie betonte, dass sich ihr Mandant nach einer Krebsoperation und wegen eines Konflikts mit seinem Sohn in einer Ausnahmesituation befunden habe. «Er fühlte sich im Stich gelassen», so einer seiner Verteidiger.