Letzte Kollektion Chanels schneeweisser Abschied von Karl Lagerfeld

Estelle Marandon, dpa

5.3.2019

Vor den Augen von Claudia Schiffer und Naomi Campbell zeigte Chanel die letzte Kollektion von Karl Lagerfeld. Ein diskreter und würdevoller Abschied - vor einer romantischen Alpenszenerie.

Die Chanel-Show begann mit leisem Klingeln. Ohne Musik und unter den von grossen schwarzen Sonnenbrillen bedeckten Augen von Lagerfelds Musen Claudia Schiffer und Naomi Campbell kamen am Dienstag alle Models nacheinander aus einem alpinen Chalet und stellten sich davor auf. Karl Lagerfeld hatte für die letzte Chanel-Kollektion, die er noch vor seinem Tod entworfen hatte, ein pittoreskes Alpendörfchen vor Augen.

Im Pariser Grand Palais standen also romantische Holzchalets, wie man sie aus den Bergen kennt. Diese strahlend weisse, von Kunstschnee bedeckte Landschaft stand im Kontrast zu den Outfits der Gästen, die mehrheitlich in Schwarz gekommen waren.

Frankreich, Paris: Das Model Cara Delevingne (2.v.l) und ihre Kolleginnen tragen Kreationen des Modelabels Chanel aus der Herbst-Winter 2019/2020 Ready-to-Wear-Kollektion auf der Paris Fashion Week.
Frankreich, Paris: Das Model Cara Delevingne (2.v.l) und ihre Kolleginnen tragen Kreationen des Modelabels Chanel aus der Herbst-Winter 2019/2020 Ready-to-Wear-Kollektion auf der Paris Fashion Week.
Bild: Thibault Camus/AP/dpa

Lagerfeld wünschte sich keine Hommage

Karl Lagerfeld hatte sich keine Hommage gewünscht, dennoch sollte dies ein würdevoller Abschied werden. Nach einer bewegenden Schweigeminute hörte man aus den Lautsprechern eine Interviewsequenz des Modeschöpfers, in der er über seine Anfänge bei Chanel sprach.

Erst danach eröffnete das erste Model die Show in einem cremefarbenen, karierten Tweedoverall und einem langen schwarz-weissen Tweedmantel mit grossem Hahnentrittmuster die Show. Dies waren also die letzten Ideen von Karl Lagerfeld für den Winter 2019/2020. Daneben waren elegante Marlene-Dietrich-Hosen zu sehen, die hoch in der Taille sitzen, Kleider und Röcke im Norwegermuster und teddyfellbesetzte Schneestiefel. Extravagant waren vor allem die kurzen Dreiviertel-Leggings aus Tweed, die unter kurzen Kleidern getragen wurden. Beendet wurde die Show von Penelope Cruz in einem schneeweissen, kurzen Ballonrock und einer weissen Rose in der Hand.

Nachfolgerin verbeugt sich

Bevor die Models ihre Abschlussrunde zu David Bowies «Heroes» drehten, kam Lagerfelds Nachfolgerin Virginie Viard fast unbemerkt aus dem Chalet, um sich kurz zu verbeugen. Sie wird in Zukunft für die Kollektionen von Chanel verantwortlich sein, hielt sich in diesem Moment aber diskret zurück und verschwand sofort wieder. Am Ende bewegte sich kein Gast von seinem Platz. Es war, als warteten alle darauf, dass Karl Lagerfeld doch noch auftreten würde. Ein bewegender Moment, bei dem die Modewelt ihrem grossen Star noch einmal die letzte Ehre erwies.

So sentimental ging es aber bei weitem nicht die ganze Pariser Fashion Week zu. Tommy Hilfiger bewies mit seiner Tommy Now Show sogar, dass man bei einer Modeveranstaltung richtig Spass haben kann. Im Théatre des Champs-Elysées zeigte der amerikanische Designer zusammen mit der Sängerin und Schauspielerin Zendaya eine Kollektion im 70er-Jahre-Disco-Fieber. Eine Huldigung farbiger Frauen und femininer Vielfalt: schwarze Models jeden Alters und aller Kleidergrössen hüpften fröhlich über den blau, weiss, rot blinkenden Laufsteg. Am Ende sorgte eine heisse Tanzeinlage der 70-jährigen Grace Jones in einem goldglitzernden Body und Overknee-Stiefeln für Jubelgeschrei.

Ebenfalls gejubelt, wenn auch aus Erleichterung, wurde bei der Show von Celine. Für seine Debüt-Kollektion Ende September war Stardesigner Hedi Slimane scharf kritisiert worden, mit seinem Teenager-Rockstar-Look trete er die Geschichte des Hauses mit Füssen, hiess es. Doch als am Freitagabend das erste Model in einem riesigen Kubus auf dem Laufsteg landete, der von der Decke heruntergelassen wurde, brachte er mit einem Mal alle Kritiker zum Schweigen: heraus kam kein Girly, sondern eine Lady. Sie trug einen karierten Faltenrock, der bis über die Knie ging, eine weisse Seidenbluse mit einem Foulard um den Hals, eine damenhafte Handtasche und hohe Stiefel – wie geradewegs aus den 70er Jahren eingeflogen. Es folgten elegante Capes, Overknee-Stiefel, Culotte-Hosen und feminine Kleider. Keine knappen Röckchen, kein bisschen nackte Haut und somit eine kleine Sensation.

Daneben überzeugten vor allem die konstanten Grössen: Stella McCartney mit einer coolen und gleichzeitig nachhaltigen Kollektion aus up-gecycelten Materialien, Clare Waight Keller, die für Givenchy wunderschöne Plissee-Kleider mit japanischem Blumenmuster entwarf, und Dries Van Noten, der die Gäste förmlich in seinen Privatgarten entführte. Für seine floralen Prints ließsser diesmal seine eigenen Blumen abfotografieren und auf Stoffe drucken. Zu Ende ging die Fashion Week mit der Show von Louis Vuitton im Musée du Louvre.


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