Uiguren im Visier Intel- und Nvidia-Chips treiben chinesisches Überwachungszentrum an

dj

23.11.2020

Ungewöhnlich viel Stacheldraht für eine Bildungseinrichtung hat dieses «Umerziehungslager» in Xinjiang.
Ungewöhnlich viel Stacheldraht für eine Bildungseinrichtung hat dieses «Umerziehungslager» in Xinjiang.
Keystone

Chips grosser amerikanischer Hersteller kommen in einem chinesischen Supercomputer zum Einsatz, der zur Überwachung unterdrückter Bevölkerungsgruppen eingesetzt wird.

Hochleistungschips von Intel und Nvidia treiben ein Überwachungszentrum in der chinesischen Region Xinjiang an. Diese ist die Heimat der Uiguren, die massiven Repressalien der chinesischen Regierung ausgesetzt sind, deren Ausmass von zahlreichen Menschenrechtsorganisationen als Genozid bezeichnet wird.

Das Urumqi Cloud Computing Center in der Hauptstadt der Region steht auf Platz 135 der schnellsten Supercomputer der Welt. In unmittelbarer Nachbarschaft befinden sich zwei weitere, von den chinesischen Sicherheitsbehörden betriebene Datenzentren und ausserdem sechs Gefängnisse und «Umerziehungslager». Laut «New York Times» kann das Zentrum unter anderem 1000 Überwachungsvideos parallel durch künstliche Intelligenz untersuchen. Per Gesichtserkennung lässt sich beispielsweise feststellen, ob eine Person Uigure ist. Ausserdem wird das Zentrum für «Predictive Policing» eingesetzt.

Besitz von zwei Handys führt ins Lager

Hierbei soll vorhergesagt werden, wer zukünftig Straftaten begehen wird. Bei den Uiguren sollen die Überwachungssysteme nach Anzeichen für potenziellen Widerstand gegen die Zentralregierung suchen. Schon der Besitz von zwei Handys kann laut «New York Times» dazu führen, dass ein Uigure in ein «Umerziehungslager» verschleppt wird.

Die Chips wurden an den chinesischen Computerhersteller Sugon verkauft. Aufgrund von US-Sanktionen gegen China ist US-Firmen seit 2019 der Verkauf von Hochleistungschips an Unternehmen wie Sugon untersagt. Intel und Nvidia verkaufen allerdings weiterhin leistungsschwächere Chips an Sugon, das ebenfalls handelsübliche Computer herstellt. Doch nach Inkrafttreten der Sanktionen haben Polizeibehörden in Xinjiang bereits von solchen schwächeren Chips angetriebene Überwachungssysteme in Betrieb gewonnen.

Werbung mit Überwachungszentrum

Intel und Nvidia sagten, ihnen sei der «Missbrauch» der Chips nicht bekannt gewesen. In fünf Jahre altem Marketingmaterial prahlte Nvidia allerdings mit den Fähigkeiten des Zentrums in Urumqi bei der Videoüberwachung. Auch in einem 2017 veröffentlichten Blogpost, der inzwischen gelöscht wurde, wurde die Kooperation mit inzwischen sanktionierten chinesischen Unternehmen beworben.

Nvidia sagt, bei der von dem Unternehmen erwähnte Videoüberwachung in Urumqi habe es sich um gewöhnliche «Smart-City»-Anwendungen wie die Verkehrssteuerung gehandelt. Man habe keinen Anlass gehabt zu glauben, die eigene Technologie könnte für «unanständige» Zwecke genutzt werden. In der Tat wurde das Ausmass der Unterdrückung der Uiguren erst in den letzten paar Jahren international breit bekannt.

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