Tote bei Unruhen Ausnahmezustand in Neukaledonien – weitere Nacht mit Krawallen

SDA

16.5.2024 - 05:58

Schwere Unruhen in Neukaledonien

Schwere Unruhen in Neukaledonien

STORY: Bei Unruhen auf der Pazifikinsel Neukaledonien sind am Dienstag mindestens drei Menschen getötet und zahlreiche weitere verletzt worden. Das teilten die Behörden des zu Frankreich gehörenden Gebietes mit. Zahlreiche Geschäfte seien geplündert und zerstört worden, berichteten Augenzeugen. Schulen und Läden sollen nach Behördenangaben am Mittwoch geschlossen bleiben. Demonstranten hatten Strassensperren errichtet. Anwohner berichteten, die Sicherheitskräfte sei den Protestierenden teilweise zahlenmässig unterlegen. Mike Lightfoot, Tourist aus Neuseeland: «Wir kamen aus einer Apotheke und fuhren in die Stadt. Dort brannten die Strassen, dort wurde randaliert, eine ziemlich beängstigende Erfahrung. An einem Kreisverkehr standen etwa 150 Demonstranten, sie randalierten. Viele Kreisverkehre standen in Flammen, mit dickem schwarzen Rauch. Der Taxifahrer sagte, wir sollten ruhig bleiben. Wir haben uns durch die Blockade geschlängelt. Sie haben mit Stangen auf das Auto eingeschlagen. Wir waren sehr nervös aber wir sind weitergefahren und dann zurück zum Hotel.» Auslöser für die schweren Krawalle war eine Wahlrechtsreform, die inzwischen im Parlament in Paris beschlossen wurde. Demnach sollen französische Einwohner, die seit zehn Jahren in Neukaledonien leben, an Provinzwahlen teilnehmen dürfen. Ein Schritt, von dem lokale Führer befürchten, dass er die Stimmen der indigenen Kanak verwässern wird. Der französische Präsident Emmanuel Macron und Neukaledoniens Präsident Louis Mapou riefen zu Ruhe und Dialog auf.

16.05.2024

Seit Montag gibt es im Tropenparadies Neukaledonien schwere Unruhen. Nun hat Paris in seinem Überseegebiet den Ausnahmezustand verhängt. Aber noch gehen die Krawalle weiter.

Keine Zeit? blue News fasst für dich zusammen

  • Im französischen Überseegebiet Neukaledonien ist es die dritte Nacht in Folge zu Krawallen von Separatisten gekommen.
  • Offiziellen Angaben zufolge sind bei den schweren Unruhen bislang vier Menschen ums Leben gekommen, darunter ein Polizist.
  • Paris hatte als Reaktion auf die Gewalt in der Inselgruppe im Südpazifik am Mittwoch für zunächst zwölf Tage den Ausnahmezustand verhängt.
  • Bei den Protesten von Unabhängigkeitsbefürwortern geht es um eine geplante Verfassungsreform der Regierung in Paris, die Tausenden französischstämmigen Bürgern, die seit mindestens zehn Jahren ununterbrochen in Neukaledonien leben, das Wahlrecht einräumen würde.
  • Sie würden somit mehr politischen Einfluss bekommen.
  • Vor allem die Bevölkerungsgruppe der Kanaken – Neukaledoniens Ureinwohner – hofft aber schon lange auf einen eigenen Staat.

Im französischen Überseegebiet Neukaledonien ist es die dritte Nacht in Folge zu Krawallen von Separatisten gekommen. Offiziellen Angaben zufolge sind bei den schweren Unruhen bislang vier Menschen ums Leben gekommen, darunter ein Polizist. Hunderte weitere Menschen wurden verletzt. Örtliche Medien veröffentlichten am Donnerstag Fotos und Videos von geplünderten und völlig zerstörten Supermärkten und Tankstellen. Seit Anfang der Woche setzen Unabhängigkeitsbefürworter immer wieder Geschäfte und Autos in Brand.

Paris hatte als Reaktion auf die Gewalt in der Inselgruppe im Südpazifik am Mittwoch für zunächst zwölf Tage den Ausnahmezustand verhängt. Dies ermöglicht es den Behörden unter anderem, Demonstrationsverbote zu erlassen, öffentliche Orte und Webseiten zu sperren und der Polizei und Justiz erweiterte Befugnisse einzuräumen.

Bei den Protesten von Unabhängigkeitsbefürwortern geht es um eine geplante Verfassungsreform der Regierung in Paris, die Tausenden französischstämmigen Bürgern, die seit mindestens zehn Jahren ununterbrochen in Neukaledonien leben, das Wahlrecht einräumen würde. Sie würden somit mehr politischen Einfluss bekommen. Vor allem die Bevölkerungsgruppe der Kanaken – Neukaledoniens Ureinwohner – hofft aber schon lange auf einen eigenen Staat.

Trotz Ausgangssperren Lage nicht unter Kontrolle

Das Hochkommissariat in Neukaledonien gab bekannt, dass rund 5000 Randalierer im Grossraum der Hauptstadt Nouméa an den Unruhen beteiligt seien. Trotz Ausgangssperren war die Lage noch immer nicht unter Kontrolle. Das grösste Spital des Archipels, Médipôle de Koutio, teilte mit, derzeit vorwiegend Notfälle zu behandeln. Wegen Strassenblockaden hätten viele Erkrankte aber Probleme, die Klinik überhaupt zu erreichen.

Der Flughafen La Tontouta blieb weiter geschlossen. Vor vielen Geschäften bildeten sich lange Schlangen besorgter Bürger, weil Lebensmittel bereits rationiert werden, wie der Sender 1ère Nouvelle-Calédonie berichtete. Tankstellen ging das Benzin aus.

Die Präsidentin der Südprovinz Sonia Backes, eine prominente Aktivistin für einen Verbleib bei Frankreich, bat die Regierung in Paris um finanzielle Unterstützung: «Unser Territorium ist seit 72 Stunden im Griff beispielloser Gewalt», schrieb sie in einem Brief an Premierminister Gabriel Attal. Der anfängliche Schaden für die Wirtschaft Neukaledoniens werde von der Industrie- und Handelskammer auf 150 Millionen Euro geschätzt.

Wichtig für Paris: Grosse Nickelvorkommen

Von 1853 bis 1946 war Neukaledonien französische Kolonie. Die Inselgruppe mit 270'000 Einwohnern, die 1500 Kilometer östlich von Australien liegt, hatte durch das Abkommen von Nouméa 1998 bereits weitgehende Autonomie erlangt. Für Paris ist das Territorium vor allem geopolitisch, militärisch und wegen grosser Nickelvorkommen von Bedeutung. Derzeit versucht Paris, mit den politischen Kräften in Nouméa ein neues Abkommen zu schliessen.

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