Wolken angezapft Haben Emirate ihre Jahrhundert-Flut selbst verursacht?

Philipp Dahm

17.4.2024

Etliche Strassen in Dubai überschwemmt

Etliche Strassen in Dubai überschwemmt

Anhaltende Niederschläge haben in den Vereinigten Arabischen Emiraten zu weitreichenden Überschwemmungen geführt. Besonders Dubai war betroffen.

16.04.2024

Dubai versinkt in Regenmassen. Im nahen Oman fordert das Unwetter mindestens 18 Tote. Nun wird der Vorwurf laut, die Vereinigten Arabischen Emirate hätten das Unglück per Cloud seeding selbst heraufbeschworen.

Philipp Dahm

Keine Zeit? blue News fasst für dich zusammen

  • Die Vereinigten Arabischen Emirate erleben am Dienstag, den 16. April, die schwersten Regenfälle seit Jahrzehnten.
  • Das öffentliche Leben kommt weitgehend zum Erliegen.
  • Im Oman sterben mindestens 18 Menschen bei dem Unwetter.
  • Die Emirate zapfen regelmässig per Cloud seeding Wolken an. Auch Montag und Dienstag wurden solche Missionen geflogen.
  • Ein Meteorologe erklärt, was passiert ist.

Es ist ein Anblick, der unwirklich wirkt: Dubai unter Wasser. Am gestrigen Dienstag sorgen kräftige Gewitter für Überschwemmungen in der Hauptstadt der Vereinigten Arabischen Emirate (VAE). 

Die Schauer sind heftig: Der Burdsch Chalifa wird mehrfach von Blitzen getroffen. Der Dubai International Airport wirkt durch die Wassermassen wie ein See und muss den Betrieb aussetzen. 142 Liter Regen fallen pro Quadratmeter: Nach Angaben der staatlichen Nachrichtenagentur WAM ist das der höchste Wert seit Beginn der Aufzeichnungen im Jahr 1949.

Schulen bleiben geschlossen, Angestellte arbeiten nach Möglichkeit von zu Hause. Viele, die sich dennoch auf die Strassen wagen, bleiben mit ihren Fahrzeugen in Überschwemmungen stehen. Einige müssen in ihren Autos übernachten. Die Behörden schicken Tanklastwagen auf die Strassen und Autobahnen, um das Wasser abzupumpen.

Regelmässiges Cloud seeding

Viele Kommentatoren in den sozialen Netzwerken, aber auch Medien etwa in Indien suggerieren, dass das problematische Unwetter eine hausgemachte Heimsuchung ist. Der Grund: Die VAE experimentieren seit den 1990er Jahren mit einer Technik, die Regen machen kann.

Beim Cloud seeding ist der Name Programm: Mit Flugzeugen oder Raketen werden in Wolken Kondensationskerne ausgesät. Im Falle der VAE wird dazu Silberiodid benutzt. Feine Wassertröpfchen haften sich an diese Kondensationskerne an, und sobald es davon genug gibt, fällt ein Tropfen als Regen herab.

Eine Beechcraft King Air C90, die beim Cloud Seeding eingesetzt wird.
Eine Beechcraft King Air C90, die beim Cloud Seeding eingesetzt wird.
Commons/Anna Zvereva

Das System wurde einst auch in der Schweiz zur Hagel-Bekämpfung erprobt, erwies sich aber als zu ineffektiv. Die VAE hingegen setzen regelmässig auf die Technik: Während 2014 noch 187 derartige Missionen geflogen worden sind, waren es 2019 schon 247.

Meteorologe klärt auf

Hat Dubai also für die Überschwemmung des eigenen Landes gesorgt und ein Unwetter erzeugt, das im nahen Oman mindestens 18 Menschenleben gefordert hat? Dass ausgerechnet indische Medien das suggerieren, kommt nicht von ungefähr: Der Regen, der in den Emiraten aus den Wolken gewrungen wird, fehlt später anderswo.

«Bloomberg» bestätigt scheinbar, dass sich die Emirate ein Eigengoal geschossen haben: Am Montag und Dienstag sind demnach sieben Cloud-seeding-Missionen geflogen worden. Am Montag fielen bereits 20 Liter Regen pro Quadratmeter. Klug erscheint das nicht angesichts der Tatsache, dass das Wüstenland keine Kanalisation hat, die die Wassermassen auffangen kann.

Doch ganz so einfach ist es nicht, weiss Jeff Berardelli: Der US-Meteorologe schreibt, dass das Unwetter hauptsächlich von einem langsamen südlichen Jetstream beeinflusst worden ist. Dieser starke Höhenwind habe für Turbulenzen in der Region gesorgt.

Der Sturm habe weiterhin jede Menge Staub aufgewirbelt, der seinerseits als Kondensationskern fungiert und die Regenschauer anheizt. Nicht zuletzt spiele wohl auch der Klimawandel eine Rolle, weil wärmere Luft mehr Feuchtigkeit aufnehmen kann und dementsprechend zu ergiebigeren Schauern führt.

Derartige Wetter-Vorfälle dürften also zunehmen.