Lagebild UkraineKiews Geheimdienst erwartet Putins Grossoffensive ab Mai
Philipp Dahm
22.4.2024
Durchbruch im US-Kongress: Kiew sieht Milliarden als Hilfe für Sieg
Für die Ukraine rückt die ersehnte Milliardenhilfe der USA in greifbare Nähe. Das US-Repräsentantenhaus billigte am Wochenende mit überparteilicher Mehrheit ein Hilfspaket von 61 Milliarden US-Dollar. Das beinhaltet auch dringend benötigte Waffenlieferungen zur Verteidigung gegen Russland. Damit folgte die Parlamentskammer einer Forderung von US-Präsident Joe Biden. Die nötige Zustimmung des Senats gilt als sicher.
22.04.2024
Der Chef des ukrainischen Militärgeheimdienstes warnt davor, dass den Streitkräften schwere Wochen bevorstehen. Kyrylo Budanow rechnet mit einer Durststrecke, die Mitte Mai oder spätestens Anfang Juni beginnt.
Philipp Dahm
22.04.2024, 23:50
23.04.2024, 16:51
Philipp Dahm
Keine Zeit? blue News fasst für dich zusammen
Der Chef des ukrainischen Militärgeheimdienstes, Kyrylo Budanow, warnt vor einer russischen Grossoffensive, die zwischen Mitte Mai und Anfang Juni beginnen soll.
Budanow sagt, eine «schwierige Periode» stehe bevor, doch das heisse nicht, dass Kiew den Krieg verliere.
Die russische Armee habe viele Veteranen verloren und auch das schwere Gerät habe nicht die Qualität wie noch 2022.
Budanows Aussagen decken sich mit Warnungen von Wolodymyr Selenskyj von Ende März.
Mögliches Ziel könnte Charkiw sein, hat Russlands Aussenminister Lawrow verraten: So sieht die Verteidigung der Grossstadt aus.
Kyrylo Budanow warnt seine Landsleute vor harten Wochen: «Eine schwierige Situation erwartet uns in der nahen Zukunft», sagt der Chef des ukrainischen Militärgeheimdienstes GUR alias HUR der BBC. «Aber es wird nicht katastrophal sein, damit das klar ist.»
Der erst 38 Jahre alte Generalleutnant will keine Panik aufkommen lassen: «Es wird kein Armageddon geben, wie viele sagen», erklärt er mit Blick auf Meldungen, die Ukraine sei drauf und dran, den Krieg zu verlieren. «Wir wollen jetzt nicht in aller Ausführlichkeit darüber reden, aber es wird eine schwierige Periode ab Mitte Mai oder Anfang Juni.»
Die russische Armee habe zwar in Awdijiwka einen «echten Erfolg» errungen, doch Budanow betont: «Es gibt keinen Grund, an eine strategische Niederlage der Ukraine zu glauben.» Die russische Infanterie mag heute besser ausgestattet als noch zu Beginn des Krieges, doch dafür habe der Kreml viele erfahrene Kräfte verloren.
«Es sind fast keine mehr übrig», sagt Budanow über Moskaus Veteranen. «Russland kämpft mit mobilisierten Kräften.» Auch die Qualität der schweren Ausrüstung nehme ab: Nun komme vor allem «repariertes oder wieder aufbereitetes Material aus den Arsenalen» zum Einsatz.
Lawrow verrät: Putin hat Charkiw im Visier
Budanows Prognose deckt sich übrigens mit früheren Aussagen von Wolodymyr Selenskyj: Der Präsident hat Ende März beim US-Sender CBS prophezeit, im Mai oder Juni werde Russland eine Grossoffensive beginnen. Der 46-Jährige warnte den Westen dabei erneut, dass Wladimir Putin seinen Krieg nicht auf die Ukraine beschränken werde.
Wo die Ukraine mit der nächsten Grossoffensive rechnet, haben Selenskyj und Budanow leider nicht verraten. Moskaus Ziel könnte aber die zweitgrösste Stadt der Ukraine sein: Charkiw liegt nur rund 30 Kilometer von der russischen Grenze entfernt.
Destruction of a 2S5 Giatsint-S 152-mm self propelled gun by a HIMARS strike. pic.twitter.com/WxdK33ZIWG
Befeuert wird diese These vom russischen Aussenminister: Sergej Lawrow hat gerade in einem Interview verraten, dass Charkiw in den Plänen Wladimir Putins «eine wichtige Rolle» spiele. Der Kremlchef will laut Lawrow eine Pufferzone einrichten, um Angriffe auf das russische Mutterland zu verhindern.
Das Problem: Kiew hört mit. «Wir können die Informationen über eine feindliche Vorbereitung von offensiven Operationen nicht ignorieren», hat Ende März der Oberkommandierende Oleksandr Syrskyj gesagt. Deshalb würden Massnahmen ergriffen: «Ein ganzer Komplex von Befestigungen» werde angelegt, verspricht der 58-Jährige.
So sieht Charkiws Defensive aus
Wie die Verteidigung von Charkiw aussieht? Voilà:
Charkiws Verteidigung
Sollte die russische Armee versuchen, Charkiw einzukreisen, hat sie viel Arbeit vor sich: Im Westen der Stadt gibt es zwei Verteidigungslinien, weiss Reporting from Ukraine. Eine liegt zwischen den Orten Ochtyrka und Bohoduchiw, dahinter folgt eine zwischen Kotelwa und Walky.
Bild: YouTube/Reporting from Ukraine
Im Osten von Charkiw müssten etwaige russische Angriffe zwischen den Flüssen Siwerskyj Donez und dem Oskil bei Kupjansk stattfinden, doch auch dort bremsen zwei ukrainische Linien potenziell Vorstössse aus.
Bild: YouTube/Reporting from Ukraine
Einen Angriff von Osten her soll die Verteidigungslinie zwischen Tschuhujw und Perwomajskyj aufhalten.
Bild: YouTube/Reporting from Ukraine
Nicht zuletzt würden Angriffe an den Flanken von Charkiw wiederum der Ukraine erlauben, in die Flanken dieser Vorstösse anzugreifen.
Bild: YouTube/Reporting from Ukraine
Ein Frontalangriff auf Charkiw ist übrigens nicht ratsam, weil die Stadt so gross ist und viele Hochhäuser und Industrieanlagen bietet, die schwer einzunehmen sind. Den Nachschub durch Einkreisung abzubinden, würde viele Opfer verhindern.
Bild: KEYSTONE
Charkiws Verteidigung
Sollte die russische Armee versuchen, Charkiw einzukreisen, hat sie viel Arbeit vor sich: Im Westen der Stadt gibt es zwei Verteidigungslinien, weiss Reporting from Ukraine. Eine liegt zwischen den Orten Ochtyrka und Bohoduchiw, dahinter folgt eine zwischen Kotelwa und Walky.
Bild: YouTube/Reporting from Ukraine
Im Osten von Charkiw müssten etwaige russische Angriffe zwischen den Flüssen Siwerskyj Donez und dem Oskil bei Kupjansk stattfinden, doch auch dort bremsen zwei ukrainische Linien potenziell Vorstössse aus.
Bild: YouTube/Reporting from Ukraine
Einen Angriff von Osten her soll die Verteidigungslinie zwischen Tschuhujw und Perwomajskyj aufhalten.
Bild: YouTube/Reporting from Ukraine
Nicht zuletzt würden Angriffe an den Flanken von Charkiw wiederum der Ukraine erlauben, in die Flanken dieser Vorstösse anzugreifen.
Bild: YouTube/Reporting from Ukraine
Ein Frontalangriff auf Charkiw ist übrigens nicht ratsam, weil die Stadt so gross ist und viele Hochhäuser und Industrieanlagen bietet, die schwer einzunehmen sind. Den Nachschub durch Einkreisung abzubinden, würde viele Opfer verhindern.
Bild: KEYSTONE
Gegen einen Angriff auf Charkiw spricht: Um die Verteidigungslinien um die Grossstadt herum zu knacken, müsste die russische Armee statt 100'000 oder wie anderswo kolportiert 300'000 vielmehr 500'000 Soldaten bereitstellen, rechnet Reporting from Ukraine vor.
Für einen Angriff auf Charkiw spricht, dass es eine «verdächtige Reorganisationen» lokaler russischer Einheiten gibt. Neu ist eine Einheit «Nord» mit rund 48'000 Soldaten aufgestellt worden, die im benachbarten Russland positioniert worden ist.
Allerdings hat Kiew bereits reagiert – und nimmt das Aufmarschgebiet mit Artillerie und Drohnen unter Beschuss, wie unten stehendes Video aufzeigt.