Starb er durch alte KGB-Technik? Anti-Putin-Miliz wollte Nawalny aus dem Folterlager befreien

tafi

21.2.2024

Nawalnys Mutter bittet Putin per Video zur Herausgabe des Leichnams

Nawalnys Mutter bittet Putin per Video zur Herausgabe des Leichnams

Charp, 20.02.24: O-TON Ljudmila Nawalnaja «Ich wende mich an Sie, Wladimir Putin. Die Entscheidung der Frage hängt nur von Ihnen ab. Lassen Sie mich doch endlich meinen Sohn sehen.» Schon seit fünf Tagen sucht die Mutter des in Haft gestorbenen Kremlgegners Alexey Nawalny in der Polarregion ihren Sohn. Nun wendet sie sich in einer Videobotschaft direkt an Präsident Wladimir Putin. Sie stehe vor dem Straflager «Polarwolf» und warte schon den fünften Tag darauf, dass sie ihren Sohn sehen dürfe, sagt Ljudmila Nawalnaja in der am Dienstag veröffentlichen Videobotschaft. «Ich fordere, unverzüglich den Körper Alexejs herauszugeben, damit ich ihn auf menschliche Weise beerdigen kann», sagt sie. Sie erhalte bisher weder den Leichnam noch werde ihr gesagt, wo der Körper aufbewahrt werde. Der nach vielen Tagen in immer wieder angesetzter Einzelhaft körperlich geschwächte Nawalny war nach russischen Behördenangaben am Freitag bei einem Hofgang im Straflager in der Polarregion bei eisigen Temperaturen zusammengebrochen. Wiederbelebungsversuche waren nach Angaben des Strafvollzugs erfolglos.

21.02.2024

Der Leichnam von Alexei Nawalny ist immer noch unter Verschluss, was Spekulationen über die Todesursache anheizt. Derweil wurden Pläne für eine spektakuläre Befreiungsaktion des Oppositionellen publik.

tafi

21.2.2024

Keine Zeit? blue News fasst für dich zusammen

  • Nach dem Tod von Alexej Nawalny gibt es Berichte über eine angeblich geplante Aktion zur Befreiung des Kremlgegners.
  • Paramilitärs wollten Nawalny in die Ukraine bringen.
  • Auch zur Todesursache gibt es eine neue These: Indizien sprechen für eine alte KGB-Methode, bei der ein einziger Schlag aufs Herz ausreicht, um einen Menschen zu töten.

Starb Alexej Nawalny wirklich durch einen Handschlag aufs Herz? Hätte er wirklich von einer Widerstandsgruppe befreit werden sollen? Und was hat es mit dem «plötzlichen Todessyndrom» auf sich?

Seit dem Tod des Kreml-Kritikers kommen täglich neue Ungereimtheiten ans Licht. Dass zahlreiche Gerüchte in der Welt sind, daran ist der Kreml nicht ganz unschuldig. Noch immer wird der Leichnam Nawalnys von den Behörden unter Verschluss gehalten. Zwar hat seine Mutter auf Herausgabe geklagt, das zuständige Gericht will aber erst am 5. März unter Ausschluss der Öffentlichkeit darüber verhandeln.

Alte KGB-Methode als Todesursache?

Die Todesursache bleibt damit Objekt von Spekulationen. Von offizieller Seite wurde seiner Mutter mitgeteilt, Alexej Nawalny sei am «plötzlichen Todessyndrom» verstorben. Das allerdings ist medizinisch ein sehr vager Begriff. Während Julia Nawalnaja, die Witwe des Oppositionellen, davon ausgeht, dass ihr Mann mit dem Nervengift Nowitschok umgebracht wurde, glaubt der russische Menschenrechtsaktivist Wladimir Osetschkin an eine andere Methode von KGB-Spezialeinheiten.

Osetschkin, Gründer der Menschenrechtsorganisation «gulagu.net», geht unter Berufung einer Quelle aus Nawalnys Strafkolonie «Polarwolf» davon aus, dass Nawalny mit einem einzigen Schlag aufs Herz getötet wurde. Diese Methode, so sagte er in der britischen «Times», sei ein Markenzeichen von Putins Geheimdienst, da sie kaum Spuren hinterlasse.

«Sie haben ihre Agenten darauf trainiert, einen Mann mit einem Schlag ins Herz, in die Körpermitte, zu töten.» Um seinen Körper zu schwächen, sei Nawlany zuvor mehr als zwei Stunden lang dazu gezwungen worden, im Freien auszuharren: bei Temperaturen von minus 27 Grad.

«Ich denke, dass sie zuerst seinen Körper zerstört haben, indem sie ihn lange in der Kälte liessen und den Blutkreislauf auf ein Minimum reduzierten», sagte Osetschkin. «Dann ist es sehr einfach, jemanden innerhalb von Sekunden zu töten, wenn der Täter Erfahrung hat.» Ehemalige Häftlinge, die ihre Strafe in der Arktis verbüsst hatten, hatten ihm schon zuvor von diesem Vorgehen berichtet, so Osetschkin.

Plan zur Befreiung Nawalny scheiterte

Dabei wäre es beinahe nicht so weit gekommen: Die ultranationalistische Widerstandsgruppe «Russisches Freiwilligenkorps» (RDK) hatte offenbar geplant, Nawalny mit einem spektakulären Coup zu befreien. RDK veröffentlichte auf der Plattform «telegra.ph» entsprechende Pläne, die mehrere Medien, darunter die deutsche «Bild», aufgriffen.

Demnach sollte Alexej Nawalny wohl während des Transportes in das arktische Straflager «Polarwolf» befreit und in die Ukraine gebracht werden. Allerdings scheiterte der Plan, weil die russischen Behörden und Geheimdienste entsprechende Vorbereitungen getroffen hatten.

«Das Datum und die Uhrzeit der Überführung (in das Straflager) wurden mehrmals verschoben», schreibt RDK. Es habe schliesslich kurzfristig eine mündliche Anweisung gegeben, sodass man nicht mehr rechtzeitig ins Einsatzgebiet habe kommen können. Zum Zeitpunkt von Nawalnys Tod sei man gerade dabei gewesen, einen neuen Plan auszuarbeiten.

Anti-Putin-Truppe veröffentlicht Fotos aus dem Straflager

Der Beitrag enthält auch Fotos von Nawalny aus dem vorherigen Straflager, Dokumente und einen Lageplan. Inwieweit die Angaben in dem Blog allerdings wirklich vom RDK stammen, lässt sich nicht unabhängig überprüfen.

Das RDK kämpft seit Monaten mit der ukrainischen Armee gegen Russland. Das Ziel der 2022 vom Rechtsextremen Dennis Nikotin gegründeten paramilitärischen Organisation ist es, die Russische Föderation zu zersplittern, um einen eigenen Staat nur für ethnische Russen zu gründen.

Alexej Nawalny ist in der vergangenen Woche in sibirischer Lagerhaft ums Leben gekommen. Über die Todesursache kann bislang nur spekuliert werden.
Alexej Nawalny ist in der vergangenen Woche in sibirischer Lagerhaft ums Leben gekommen. Über die Todesursache kann bislang nur spekuliert werden.
Bild: AP