Rund 3000 Todesopfer Schwere Vorwürfe an die Regierung nach Blutskandal in Grossbritannien

dpa

20.5.2024 - 16:29

Schätzungsweise 3000 Menschen starben an verunreinigten Blutprodukten – viele andere trugen lebenslange Krankheiten davon.
Schätzungsweise 3000 Menschen starben an verunreinigten Blutprodukten – viele andere trugen lebenslange Krankheiten davon.
Symbolbild: sda

Behörden und Mediziner hätten Fehler vertuscht und die Sicherheit der Patienten vernachlässigt, heisst es in einem Untersuchungsbericht. Rund 3000 Menschen starben an verunreinigten Blutprodukten.

20.5.2024 - 16:29

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  • Bis zu 30’000 Menschen erhielten in Grossbritannien in den 70ern und 80ern infizierte Blutprodukte.
  • Schätzungsweise 3000 Menschen starben und viele andere trugen lebenslange Krankheiten davon.
  • Eine Untersuchungskommission erhebt schwere Vorwürfe gegen die Regierung und Medizinern.

Im Skandal um infizierte Blutprodukte in Grossbritannien mit rund 3000 Todesopfern hat eine Untersuchungskommission den Behörden schwere Vorwürfe gemacht. Der Vorsitzende der Kommission, der ehemalige Richter Brian Langstaff, warf mehreren Regierungen und Medizinern am Montag einen «Katalog von Versäumnissen» vor. Sie hätten sich geweigert, Verantwortung zu übernehmen, um das Gesicht zu wahren und Kosten zu sparen. Es sei bewusst versucht worden, den Skandal zu vertuschen.

Schätzungsweise 3000 Menschen starben und viele andere trugen lebenslange Krankheiten davon, nachdem sie in den 1970er bis Anfang der 1990er Jahre Blut oder Blutprodukte erhalten hatten, die mit HIV oder Hepatitis kontaminiert waren. Der Skandal gilt weithin als der folgenschwerste in der Geschichte des staatlichen britischen Gesundheitsdienstes seit seiner Gründung im Jahr 1948. 2017 wurde auf Drängen von Aktivisten eine Untersuchung angeordnet, die in den vergangenen vier Jahren Aussagen von mehr als 5000 Zeugen und über 100’000 Dokumente sichtete.

Plasma aus Tausenden Spenden gemischt

«Diese Katastrophe war kein Unfall», sagte Langstaff. Zu den Infektionen sei es gekommen, weil die Verantwortlichen – Ärzte, Blutspendedienste und Regierungen – die Sicherheit der Patienten nicht an die erste Stelle gesetzt hätten. «Die Reaktion der Verantwortlichen hat das Leiden der Menschen nur noch verschlimmert.»

Viele der Betroffenen waren Menschen mit Hämophilie, einer Erkrankung, die die Gerinnungsfähigkeit des Blutes beeinträchtigt. Ein Teil des Plasmas, das zur Herstellung von Blutprodukten für ihre Behandlung verwendet wurde, stammte von Hochrisikospendern aus den USA, darunter Gefängnisinsassen, die für die Spende bezahlt wurden. Weil die Hersteller Plasma aus Tausenden Spenden mischen, infizierte eine verunreinigte Spender die gesamte Charge.

Zehn Milliarden Pfund Entschädigung für die Opfer

Dem Bericht zufolge wurden rund 1250 Menschen mit Blutgerinnungsstörungen, darunter 380 Kinder, über HIV-verunreinigte Blutprodukte infiziert. Drei Viertel von ihnen starben. Bis zu 5000 weitere Menschen, die die Blutprodukte erhielten, entwickelten eine chronische Hepatitis C. Ebenso wurden schätzungsweise 26’800 weitere Menschen mit Hepatitis C infiziert, nachdem sie Bluttransfusionen erhalten hatten, zum Beispiel nach Entbindungen, Operationen oder Unfällen.

Dem Bericht zufolge hätten viele der Todesfälle und Erkrankungen verhindert werden können, wenn die Behörden rasch eingegriffen hätten. Das Risiko, das von verunreinigten Blutprodukten ausgehe, sei bekannt gewesen.

Es wurde erwartet, dass der britische Premierminister Rishi Sunak noch am Montag um Verzeihung für die Versäumnisse bitten würde. Die Behörden wollten zudem voraussichtlich eine Entschädigung von insgesamt etwa zehn Milliarden Pfund für die Opfer ankündigen.

dpa