Fackel-Skandal in Winterthur Wie konnte es zum Eklat kommen? Was droht den Servette-Chaoten jetzt?

Jan Arnet

29.4.2024

Im Anschluss an den Cup-Halbfinal zwischen Winterthur und Servette (0:1) kommt es zu wüsten Szenen. Gästefans stürmen den Platz, zwei Fackeln fliegen in den Heimsektor. Fragen und Antworten zum Eklat auf der Schützenwiese.

Jan Arnet

Was ist passiert?

Servette gewinnt in Winterthur am Sonntag 1:0 und zieht in den Cupfinal ein. Nach dem Schlusspfiff stürmen einige Genfer Anhänger den Platz. Einige feiern mit den Spielern den Erfolg, anderen brennen die Sicherungen durch. Zwei Fackeln fliegen in Richtung Heimsektor. Auch Fans des FC Winterthur kommen auf den Platz. Spieler und Betreuer der beiden Teams zeigen Courage, machen ihren Anhängern unmissverständlich klar, dass sie sofort wieder vom Platz gehen sollen, und können so eine Eskalation verhindern.

Hat es Verletzte gegeben?

Obwohl eine Fackel mitten auf der Tribüne landet, scheint sich glücklicherweise niemand verletzt zu haben. Auch vonseiten des FCW heisst es, es habe keine Verletzte gegeben. Ungefährlich war die Angelegenheit aber keinesfalls. blue Sport-Kommentator Stefan Kurt war privat im Stadion und sass im Sektor, in dem die Fackeln angeflogen kamen: «Ich merkte, dass es extrem heiss wurde. Einer Kollegin, die neben mir sass, brannte eine Haarsträhne ab. Ausserdem gab es ein Brandloch in ihrem Schal.»

Wie konnte es zum Eklat kommen?

Die Winti-Anhänger pflegen eine Fanfreundschaft mit Lausanne-Sport, dem verhassten Westschweizer Rivalen von Servette. Bereits im März kam es nach einem Spiel zwischen Servette und Winterthur zu Ausschreitungen.

Für eine hitzige Atmosphäre sorgten die beiden Fanlager auch Stunden vor dem Cup-Halbfinal. Wie Servette-Trainer René Weiler nach der Partie erzählt, wurde in der Nacht vor dem Spiel vor dem Teamhotel der Genfer Feuerwerk gezündet. Am Mittag zogen die Winti-Fans durch die Innenstadt und provozierten die Servette-Anhänger mit Sprechchören.

Schon während des Spiels zündeten die Gästefans Pyros. blue Sport-Kommentator Stefan Kurt berichtet von einem aggressiven Verhalten der Gästefans: «Es kamen obszöne Gesten und es wurde in unsere Richtung gespuckt. Es herrschte eine aggressive Stimmung, wie ich sie auf der Schützenwiese noch nie erlebt habe.»

Als nach Spielschluss einige Servette-Anhänger den Platz stürmen, antworten einige Winti-Fans mit Gesten, welche die Genfer Anhänger so richtig auf die Palme bringen. Kurt: «Sie hielten es offenbar für eine schlaue Idee, zwei Petarden auf die Tribüne zu werfen.» Videoaufnahmen zeigen, dass die Sicherheitskräfte erst aufs Feld schreiten, als rund Hundert Anhänger der beiden Fanlager schon auf dem Rasen stehen und aneinandergeraten.

Sicherheitskräfte bringen die Situation nach wenigen Minuten unter Kontrolle.
Sicherheitskräfte bringen die Situation nach wenigen Minuten unter Kontrolle.
Keystone

Was droht den Chaoten?

Offenbar wurden die Täter noch nicht identifiziert. Die Videoaufnahmen sollen nun ausgewertet werden. Ob die Fackelwerfer gefasst werden können, ist aber fraglich. Schliesslich waren die Chaoten vermummt. In Vergangenheit wurde bei identifizierten Fackelwerfern hart durchgegriffen. 2021 warf ein FCZ-Anhänger eine Fackel in den GC-Fanblock, wurde gefasst und wegen versuchter schwerer Körperverletzung zu einer Freiheitsstrafe von 17 Monaten auf Bewährung verurteilt.

Kurz nach dem Schlusspfiff wirft ein Servette-Anhänger eine Fackel in den Heimsektor.
Kurz nach dem Schlusspfiff wirft ein Servette-Anhänger eine Fackel in den Heimsektor.
Screenshot

Was bedeutet der Eklat für den FC Winterthur?

Die Lizenzkommission der Swiss Football League hat dem FC Winterthur vor einer Woche in erster Instanz die Lizenz für die nächste Saison verweigert. Grund dafür sind nicht erfüllte Kriterien im Bereich der Stadioninfrastruktur. Nach dem Eklat vom Sonntag kommen insbesondere Fragen zur Sicherheit auf der Schützenwiese auf. Wie konnten die mit Fackeln «bewaffneten» Servette-Chaoten so einfach auf den Platz kommen?

Ob und inwiefern die Szenen vom Sonntag Einfluss auf den Lizenzantrag des FCW haben, ist noch unklar. Jedenfalls wird Winti gegen den negativen Entscheid der SFL rekurrieren und hofft in zweiter Instanz auf einen positiven Ausgang. Der definitive Lizenzentscheid durch die Rekursinstanz erfolgt am 17. Mai. Der Cupfinal geht am 2. Juni in Bern über die Bühne. Servette trifft auf den FC Lugano.