Chaos in Russland Wagner-Aufstand überfordert russische Internet-Zensur

Von Dirk Jacquemien

26.6.2023

Seine Nachrichten verbreitet Jewgeni Prigoschin gerne über Telegram.
Seine Nachrichten verbreitet Jewgeni Prigoschin gerne über Telegram.
Keystone

Der Aufstand der Wagner-Söldnertruppe sorgte am Wochenende für Chaos in Russland. Auch die Internet-Zensoren wusste zunächst nicht, wie ihnen geschieht.

Von Dirk Jacquemien

Keine Zeit? blue News fasst für dich zusammen

  • Der Wagner-Aufstand sorgte auch für Aufruhr bei den russischen Internet-Zensoren.
  • Zeitwillig fiel der Nachrichtendienst Telegram aus.
  • Suchanfragen nach Prigoschin führten derweil ins Leere, Rekrutierungsgruppen in sozialen Netzwerken wurden gelöscht.

Das Putin-Regime versucht schon seit langer Zeit das Internet in Russland zu kontrollieren. Mit Beginn des Angriffskrieges gegen die Ukraine wurden die Zensur-Massnahmen noch einmal hochgefahren. So wurden Facebook und Twitter beispielsweise komplett in Russland blockiert.

Doch der kurzlebige Aufstand von Wagner-Anführer Jewgeni Prigoschin führte am Wochenende zu Verwirrung bei den russischen Zensur-Behörden. Ebenso wie bei der Staatspropaganda, die zunächst nicht recht wusste, wie sie mit der Situation umgehen sollte, gab es offenbar auch im Netz keine klaren Marschbefehle.

Telegram fiel aus

So fiel am Samstag der Nachrichtendienst Telegram zeitweilig in Moskau, St. Petersburg und der Wagner-Hochburg Rostow am Don aus. Auf Telegram veröffentliche Prigoschin in kurzen Abständen neue Sprachnachrichten.

Obwohl es von Russen gegründet wurde, hat Telegram mittlerweile seinen Sitz in Dubai und ist somit vor dem direkten Zugriff des Regimes gefeilt. Einzelne Inhalte zu sperren ist somit unmöglich, stattdessen müsste der Dienst als Ganzes blockiert werden.

Telegram ist aber auch der wohl wichtigste Alltagskommunikationsdienst in Russland, staatliche Behörden und Medien sind hier prominent vertreten. Eine Blockierung erzeugt also massive Kollateralschaden und dürfte nur als letzte Massnahme von den Zensoren angesehen werden.

Suche nach Prigoschin führt ins Leere

Etwas gezielter fiel die Zensur da bei der Suchmaschine Yandex und dem sozialen Netzwerk Vkontakte aus. Auf Yandex führten Suchanfragen nach Prigoschin einfach ins Leere. Vkontakte löschte Gruppen, die von Wagner zur Rekrutierung neuer Söldner genutzt wurden, wie die «Washington Post» berichtet.

Prigoschin selbst kennt sich aber gut mit staatlicher Intervention im Internet aus. Bevor er durch seine Aktivitäten mit Wagner weltweit berühmt-berüchtigt wurde, war er vor allem als Betreiber der «Internet Research Agency» bekannt. Diese führte eine gigantische Desinformationskampagne rund um die US-Wahl 2016, weswegen Prigoschin auch von den US-Behörden angeklagt wurde.