Oben ohne in der Badi? «Es soll jede Frau machen, was sie will»

Von Bruno Bötschi und Christian Thumshirn

13.5.2022

Oben ohne in der Badi?: «Es soll jede Frau machen, was sie will»

Oben ohne in der Badi?: «Es soll jede Frau machen, was sie will»

Oben ohne für Frauen in der Badi: Ja oder nein? Das Thema wird gerade heiss diskutiert. blue News ging ins Schwimmbad und fragte die Badegäste nach ihrer Meinung.

13.05.2022

Oben ohne für Frauen in der Badi: Ja oder nein? Das Thema wird gerade heiss diskutiert. blue News ging ins Schwimmbad und fragte die Badegäste nach ihrer Meinung.

Von Bruno Bötschi und Christian Thumshirn

Sommer. Sonne. Streit.

Und das kam so: Eine oben ohne schwimmende nonbinäre Person war vom Bademeister eines Freibads in Göttingen mit einem Hausverbot belegt worden.

Aus Solidarität kippten alle Schwimmbäder in der deutschen Stadt das Bikini-Gebot und erlaubten fortan allen Geschlechtern während der Wochenenden das Oben-ohne-Baden – zumindest versuchsweise bis August.

Ein Entscheid, der für Diskussionen sorgt – auch in der Schweiz. Nationalrätin Tamara Funiciello spricht sich für eine Neuregelung in den Badis aus. «Ich fände eine solche Oben-ohne-Regelung auch in der Schweiz absolut notwendig, und zwar nicht nur am Wochenende, sondern immer, in Frei- und Hallenbädern», so die SP-Politikerin gegenüber 20min.ch.

«Frauen sollten herumlaufen, baden und sünnelen können, wie sie wollen. Es ist problematisch, dass die weibliche Brust bis heute dermassen sexualisiert wird.»

«Busen bleiben in Bern blutt»

Wie vieles in der Schweiz ist das mit dem Oben-ohne-Baden von Kanton zu Kanton, nein, von Badi zu Badi verschieden geregelt. In den Badis der Stadt Zürich etwa ist Oben-ohne-Baden den Frauen nicht erlaubt, Lenzburg und Aarau dagegen sind viel weniger prüde.

«Das städtische Freibad im Schachen kennt keine Einschränkung diesbezüglich, weshalb die Menschen in Aarau topless sonnenbaden können», sagt die Aargauer SP-Stadträtin Silvia Dell'Aquila in der «Aargauer Zeitung».

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Oben ohne für Frauen in der Badi: Ja oder nein?

Nun denn: Oben ohne ist nicht zum ersten Mal ein Diskussionsthema. In den 1970er Jahren galt in der Stadt Bern das «ganze oder teilweise Entblössen der weiblichen Brüste in öffentlichen Badeanstalten» als strafbares Delikt.

Danach wurde das Badereglement in der Bundesstadt gelockert. 1978 entschieden Justizbehörden, das «Entblössen der weiblichen Brüste» in Freibädern sei nicht mehr als «schwere Missachtung des Sittlichkeitsgefühls» zu verfolgen.

Ein prüder Berner hatte etwas dagegen und sammelte fast 15'000 Unterschriften für eine Initiative «gegen die Verwilderung der Badesitten». Seinem Effort war kein Erfolg beschieden, der Grosse Rat schickte das Begehren bachab.

Und der «Blick» titelte: «Busen bleiben in Bern blutt.»

Oben ohne für Frauen, ja oder nein?

Oben ohne galt danach lange als Akt der weiblichen Selbstbestimmung. Barg das Entblössen der Brust anfänglich Potenzial zur sozialen Distinktion, wurde das Herunterrollen des Bikini-Oberteils im Laufe der 1980er bisweilen sogar zum Mainstream.

Und trotzdem: Zur ungezwungenen und von der Frauenbewegung erhofften Selbstverständlichkeit wurde «oben ohne» nie, stellte die Historikerin Caroline Arni 2016 in der «NZZ» fest. Die weibliche Brust sei symbolisch so aufgeladen, «dass man immer ein Statement macht, ob man sie bedeckt oder nicht».

Heute ziehen Frauen ihr Oberteil in Schweizer Badis fast nur noch in getrennten Badebereichen aus. Zeichen einer neuen Prüderie? Oder sind wir sexuell zu übersättigt?

Zum Auftakt der Sommersaison besucht blue News deshalb das Freibad Letzigraben in Zürich und fragt die Badegäste:

Oben ohne für Frauen, ja oder nein?


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