Kampf gegen ausufernden Tourismus Lauterbrunnen im Berner Oberland will Besuchergebühr

Carsten Dörges

15.5.2024

So leer sind die Strassen in Lauterbrunnen BE nur selten: Der Ort wehrt sich gegen Massentourismus.
So leer sind die Strassen in Lauterbrunnen BE nur selten: Der Ort wehrt sich gegen Massentourismus.
Imago

Was Venedig kann, kann Lauterbrunnen im Berner Oberland schon lange. Im Kampf gegen ausufernden Tourismus will die Gemeinde jetzt eine Gebühr erheben.

Carsten Dörges

Keine Zeit? blue News fasst für dich zusammen

  • Der Besucheransturm auf die Stadt Bern und die Destination Interlaken nimmt immer weiter zu.
  • Die Gemeinde Lauterbrunnen stellt sich dem ausufernden Tourismus entgegen.
  • Tagesausflügler im Auto sollen fünf bis zehn Franken Gebühr bezahlen.

Diese Nachricht hat grosse Wellen geschlagen: Venedig bekämpft den ausufernden Tourismus und lässt Tagestouristen fünf Euro Eintritt bezahlen. Auswirkungen auf den Besucheransturm scheint dies jedoch nicht zu haben, doch immerhin haben die Einnahmen aus dem Eintrittsgeld die Erwartungen der Stadtverwaltung übertroffen – 700‘000 Euro in den ersten acht Tagen der Probephase, wie der «Corriere della Sera» berichtet.

Mit gewaltigem Besucheraufkommen haben auch die Stadt Bern und die Destination Interlaken zu kämpfen. In Interlaken gab es im letzten Sommer über zwei Millionen Übernachtungen bei nur 20‘000 Einwohnern. Wie der «Tages-Anzeiger» schreibt, wird die Gästezahl nach Aussagen von Experten in den nächsten Jahren immer weiter ansteigen.

In den sozialen Medien mehren sich jetzt kritische Stimmen gegen den ausufernden Tourismus, Wertschöpfung ist nicht alles. Die Gemeinde Lauterbrunnen im Berner Oberland, beliebt wegen seiner malerischen Landschaft mit dem Wasserfall und dem Bergdorf mit seinen Chalets, will jetzt erste Massnahmen ergreifen. Der Stress für die Einwohner durch verstopfte Strassen im Sommer ist nicht mehr erträglich.

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Ein ähnliches Problem hat die Gemeinde Iseltwald am Brienzersee, die von asiatischen Touristen überrannt wird, weil eine Szene einer koreanischen Netflix-Serie an einem Steg am See spielt, versucht zu lösen. Der Selfie-Mentalität der Besucher wurde ein Riegel vorgeschoben, ein Drehkreuz (fünf Franken Gebühr) sorgt für gute Einnahmen für die Gemeindekassen. Ob die Touristenzahlen zurückgehen, ist aber noch nicht klar.

Einnahmen durch Info-App

In Lauterbrunnen setzt Gemeindepräsident Karl Näpflin jetzt auf eine Info-App, die von einer eingesetzten Arbeitsgruppe ausgearbeitet wurde. «Speziell geht es um einen Talpass, den Tagesausflügler jeweils lösen müssen», erklärt Näpflin dem «Tages-Anzeiger». Wer mit dem Auto kommt, soll eine Gebühr von fünf bis zehn Franken zahlen. Dieser Pass muss auf dem Smartphone gebucht werden, Kontrollen sollen stattfinden.

Näpflin bleibt dabei aber realistisch: «Wir müssen ehrlich sein: 90 Prozent der Massnahmen sind Symptombekämpfung.» Also nicht weniger Touristen, aber immerhin mehr Einnahmen.