Bern Nachbarn streiten um Büsi, bis das Ganze mit Tränen vor Gericht endet

phi

8.5.2024

Dieses Felidae-Prachtsexemplar hat mit der ganzen Sache vor Gericht rein gar nichts zu tun.
Dieses Felidae-Prachtsexemplar hat mit der ganzen Sache vor Gericht rein gar nichts zu tun.
Symbolbild: imago stock&people

Hat eine Familie ihren Kater Schnurrli vernachlässigt? Oder hat die Seniorin von nebenan das Tier angefüttert und eingesperrt? Der Streit beschäftigte erst die Polizei, dann den Tierschutz – und nun den Berner Einzelrichter.

phi

8.5.2024

Keine Zeit? blue News fasst für dich zusammen

  • Eine Seniorin ist vom Einzelrichter in Bern der Sachentziehung schuldig gesprochen worden, weil sie den Kater einer Nachbarsfamilie weggegeben hat.
  • Vorausgegangen ist ein Jahre dauernder Streit um Familien-Büsi Schnurrli, die laut der Seniorin vernachlässigt wurde.
  • Die Familie wirft dagegen der Seniorin vor, sie habe das Tier angefüttert und eingesperrt.

Maria Costa* weint, als der Einzelrichter in Bern das Urteil gesprochen hat. Eine Geldstrafe von 20 Tagessätzen soll die Mittsiebzigerin zahlen. Und 3600 Franken Verfahrenskosten kommen noch hinzu. Dabei habe sie sich doch bloss um einen «vernachlässigten Kater» einer Nachbarin gekümmert. Und der Richter selbst hat ja noch festgehalten, dass es nicht strafbar ist, gelegentlich eine Katze zu füttern. 

Doch ganz so einfach ist der Fall nicht, über den der «Beobachter» berichtet. Die Gegenseite stellt die Sache dann auch ganz anders dar. Im Mittelpunkt steht Kater Schnurrli, der zusammen mit seiner Schwester bei Familie Schmid* lebt. Die stellt im Jahr 2020 fest, dass das Büsi immer öfter wegbleibt – und immer dicker wird. Sie ahnen bereits, dass es anderswo Fressen bekommt, als es an der Tür klingelt.

Es ist Maria Costa, die besorgt nachfragt, ob Schnurrli vernachlässigt oder gar geschlagen werde. Sie sehe das Tier «manchmal vernachlässigt» am Gartensitzplatz ihrer 1,5-Zimmer-Wohnung, schreibt der «Beobachter». Mutter Sandra Schmid und Maria Costa versuchen anfangs noch, über die Sache zu reden, scheitern aber an unterschiedlichen Vorstellungen über artgerechte Tierhaltung.

«Bitte nicht füttern!»

Ein Nachbarschaftsstreit entbrennt, der schliesslich vor Gericht enden wird. Sandra Schmid vermutet, dass Maria Costa Schurrli anfüttert und womöglich nachts auch mal bei sich einschliesst. Maria Costa fragt sich, ob es Schnurrli schlecht geht, weil er immer wieder zu ihr kommt. Ihre eigene Katze füttert sie nur drinnen und einsperren würde sie das Nachbarsbüsi nie, sagt sie dem Richter.

Im Sommer spazieren die Schmids immer wieder am Sitzplatz von Maria Costa vorbei. «Wo ist Schnurrli?», fragen sie und mahnen: «Bitte nicht füttern!» Maria Costa sagt, das sei fast täglich so gegangen: Sie habe sich terrorisiert gefühlt. Die Seniorin ruft die Polizei, die bei den Schmids nachfragt, ob sie Schnurrli abgeben würden.

Das will die Familie sicher nicht: Die Tochter weint abends immer, wenn Schnurrli nicht nach Hause kommt, klagt die Mutter. Die Polizei besucht daraufhin Maria Costa und ermahnt sie, den Kater weder zu füttern noch in die Wohnung zu nehmen. «Das mache ich nicht», hat diese den Beamten laut «Bobachter» versichert.

Abmahnung bleibt liegen

Familie Schmid fragt beim Tierschutz um Hilfe, der zu einer schriftlichen Abmahnung rät. Das Einschreiben holt Maria Costa nicht ab. Doch die Seniorin bittet schliesslich den Tierschutz, Schnurrli bei sich abzuholen. Als der an ihrer Tür klingelt, macht sie jedoch nicht auf. Der Termin sei nicht verabredet gewesen und die Klingel habe sie nicht gehört.

Kurz vor Weihnachten 2022 landet Schnurrli dann plötzlich bei einer Tierärztin im Aargau. Ein Freund von Maria Costa hat den Kater dorthin gebracht: Sie habe ihm gesagt, das Tier sei misshandelt worden und sei vom Vorbesitzer nicht mehr gewünscht. Familie Schmid belässt den Kater bei dem Mann, wo er fortan Diät halten muss, weil es für das Tier wohl das Beste sei.

Doch Sandra Schmid stellt auch einen Strafantrag wegen Sachentziehung, weil sie immer wieder der Tiermisshandlung bezichtigt worden ist. Im September 2023 erhält Maria Costa einen Strafbefehl. Die Seniorin muss eine Geldstrafe von 30 Tagessätzen à 40 Franken, eine Busse von 300 Franken und die Verfahrenskosten von 1400 Franken tragen.

Richter glaubt Maria Costa nicht

Den Einspruch behandelt der Einzelrichter in Bern im April 2024. Als der fragt, ob Costa Schnurrli gefüttert hat, gibt sie widersprüchliche Antworten. Und warum hat sie den Kater ihrem Freund übergeben? Das habe sie mit Frau Schmid so besprochen.

Das mag der Richter nicht glauben, nachdem die Familie so um das Tier gekämpft hat und sogar die Polizei sowie den Tierschutz eingeschaltet hat. Gelegentliches Füttern sei nicht strafbar, urteilt er dann. Dass Schnurrli eingesperrt worden ist, könne nicht nachgewiesen werden. Doch der Sachentzug liegt für den Richter auf der Hand.

Sobald das Urteil schriftlich vorliegt, kann Costa dagegen in Berufung gehen.

* Name geändert