Kolumne am Mittag Herr Zumbrunnen, warum verkaufen Sie immer noch geschmacklose Erdbeeren?

Von Bruno Bötschi

12.3.2021

Seit Januar 2018 Migros-Chef: Fabrice Zumbrunnen.
Seit Januar 2018 Migros-Chef: Fabrice Zumbrunnen.
Bild: Keystone

Wir haben erst März, in der Migros gibt es aber bereits wieder Erdbeeren zu kaufen. «Blue News»-Redaktor Bruno Bötschi schrieb deswegen Fabrice Zumbrunnen, dem Chef des Migros-Genossenschafts-Bundes, schon vor einem Jahr einen Brief. 

Von Bruno Bötschi

Lieber Herr Zumbrunnen

Momoll, im Februar vor einem Jahr habe ich Ihnen schon einmal einen ähnlichen Brief geschrieben: In der Migros-Filiale Wengihof in Zürich hatte ich damals Erdbeeren gekauft. Widerwillig, denn ich bin Thurgauer, bin also quasi im Schweizer Erdbeer-Paradies aufgewachsen.

Ja, ich bin ein Mostindianer. Und ja, ich liebe Erdbeeren über alles, also wenn ihr Geschmack süss und aromatisch ist. Und ehrlich gesagt, ein Migros-Kind bin ich auch.

Ich nehme an, als «nachhaltigste Detailhändlerin der Welt» ist es sicher eines der grossen Ziele Ihrer Firma, den Kundinnen und Kunden qualitativ hochstehende und besonders schmackhafte Früchte zu verkaufen.

Aber wieso, lieber Herr Zumbrunnen, verkaufen Sie in Ihren Filialen jetzt wieder geschmacklose Erdbeeren? Vor einem Jahr, als ich Sie das schon einmal gefragt habe, antworteten Sie mir nicht. Ich weiss natürlich, Sie sind ein vielbeschäftigter Manager.

Sobald Erdbeeren tiefrot leuchten, sind sie am besten, am süssesten. Erdbeeren, bei denen noch viel Weiss oder Grün zu sehen ist, schmecken nicht so aromatisch.
Sobald Erdbeeren tiefrot leuchten, sind sie am besten, am süssesten. Erdbeeren, bei denen noch viel Weiss oder Grün zu sehen ist, schmecken nicht so aromatisch.
Bild: bb

Erdbeeren im Winter? Die Schweizer Detailhändler, also nicht nur die Migros, werden deswegen immer mal wieder kritisiert: In puncto Saisonalität, Arbeitsbedingungen oder Düngemitteleinsatz reagieren Konsumentinnen und Konsument bei den roten Früchten äusserst sensibel.

Ich weiss, Herr Zumbrunnen, als Grossverteiler wollen Sie der Kundschaft vor allem harte, gut haltbare Früchte in ihren Gestellen anbieten. Sieht ja auch schöner aus. Das ist aber gerade bei den Erdbeeren ein Problem: Süss und aromatisch geht nun mal auch mit weich und druckempfindlicher einher.

Reife Erdbeeren erkennt man an ihrer Farbe. Sobald sie tiefrot leuchten, sind sie am besten, also am süssesten. Erdbeeren, bei denen noch viel Weiss oder sogar Grün zu sehen ist, schmecken nicht sehr aromatisch.

Die spanischen Erdbeeren, die ich vergangenen Samstag im Laden gesehen habe, waren zwar fest, aber ein schöner Anblick waren sie nicht. Die Haut der Erdbeeren, ich habe sie zum Beweis fotografiert (siehe oben), war noch zu einem Fünftel weiss.



Vergangenes Jahre kaufte ich mir testweise ein Kistchen Erdbeeren, obwohl ich annahm, dass sie mir nicht schmecken würden. Ich hatte recht. Leider. Deshalb blieb der Kauf ein einmaliger Ausrutscher, wie ich es Ihnen bereits in meinem Brief vom Februar 2020 geschrieben habe.

Stattdessen warte ich auch heuer wieder sehnsüchtig auf den Mai, bevor ich das erste Mal richtig reife Erdbeeren kaufen werde. Genau, wenn das Wetter mitspielt, werden es Erdbeeren aus dem Thurgau sein. Mmhhh!

Aromatischer Gruss

Bruno Bötschi, Erdbeer-Liebhaber, Mostindianer und Migros-Kind

Regelmässig gibt es werktags um 11:30 Uhr und manchmal auch erst um 12 Uhr bei «blue News» die Kolumne am Mittag – sie dreht sich um bekannte Persönlichkeiten, mitunter auch um unbekannte – und manchmal wird sich auch ein Sternchen finden.