Angst, Isolation, Selbstzensur So streng überwacht China seine Studierenden an Schweizer Unis

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13.5.2024

Fast 4000 chinesische Studierende sind an den Schweizer Hochschulen, hier die ETH Zürich, eingeschrieben. Das Regime in Peking übt auch aus der Ferne Druck auf sie aus. (Archivbild)
Fast 4000 chinesische Studierende sind an den Schweizer Hochschulen, hier die ETH Zürich, eingeschrieben. Das Regime in Peking übt auch aus der Ferne Druck auf sie aus. (Archivbild)
Keystone/Walter Bieri

Die Einflussnahme Chinas reicht bis an die Schweizer Universitäten: Ein neuer Bericht zeigt, wie Peking auch hierzulande auf chinesische Studierende Druck ausübt. Die Angst vor Repressionen hat Folgen.

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  • Chinesische Studierende an Schweizer Universitäten werden von ihrem Heimatland unter Druck gesetzt.
  • Ein Bericht von Amnesty International zeigt, mit welchen Repressionen Peking den etwa 4000 Betroffenen droht.
  • Auch hierzulande können die Studierenden deshalb nicht frei und kritisch forschen.

Freie Wissenschaft, kritisches Denken, ungestörtes Forschen: Was an den Schweizer Universitäten selbstverständlich sein sollte, scheint nicht für alle Immatrikulierten zu gelten. Laut einem neuen Bericht von Amnesty International werden Studierende aus China auch hierzulande von Peking unter Druck gesetzt. Demnach belegt das Regime seine Staatsangehörigen und deren Familien im Heimatland mit Drohungen und Zwang.

Die Menschenrechtsorganisation, die für die Studie die Situation in der Schweiz und anderen europäischen Ländern untersuchte, stützt sich unter anderem auf die Aussagen von 30 interviewten chinesischen Studierenden. Mit aktuell 3810 eingeschriebenen Personen stellen sie nach Deutschen, Franzosen und Briten die viertgrösste Gruppe von Nichtschweizern an den hiesigen Hochschulen.

Selbstzensur und Isolation

Weil sie Angst vor Repressionen haben, zensieren sich die Studierenden an der Universität und in ihrem Privatleben selbst, wie es in dem Bericht heisst. Die Folge: Sie verzichten auf politische Aussagen und besuchen Lehrveranstaltungen nicht, die dem chinesischen Regime unpassend erscheinen könnten. Weil sie Spitzel fürchten, nehmen sie am akademischen und sozialen Leben der Hochschulen nicht teil und isolieren sich. Die Hälfte der Befragten berichtet davon, an öffentlichen Protesten beobachtet und fotografiert worden zu sein.

Fast alle hätten ausgesagt, online wie offline Selbstzensur zu betreiben. Ein Drittel der Befragten gab an, sich in ihren Studien auf eher politisch unverdächtige Themen zu konzentrieren. Bei über der Hälfte habe die allseits präsente Angst zu psychischen Problemen geführt. Das liegt auch an der unklaren Funktionsweise der Überwachung: Etwa 50 Prozent der Interviewten fürchten sich der Studie zufolge davor, dass andere chinesische Studierende sie im Fall kritischer Töne melden könnten. 

Repression gegenüber den Familien

Angst haben die Studierenden auch vor der Repression ihrer Familien in der Heimat. Mehrere berichten gegenüber Amnesty von Besuchen der Polizei bei ihren Angehörigen in China. Die Staatsmacht habe sie demnach aufgefordert, dafür zu sorgen, dass die studierenden Familienmitglieder im Ausland sich nicht politisch äussern – und bisweilen auch die finanzielle Förderung zu unterlassen.

Auch wenn nicht immer zweifelsfrei nachgewiesen werden könne, dass staatliche Akteure beteiligt seien: Für Amnesty International ist auf Basis der Interviews und anderer Quellen klar, dass das Regime in Peking mithilfe verschiedener Strategien eine «transnationale Repression» ausübt. Die Recherchen zeigen, «dass diese jungen Leute der Unterdrückung durch die Regierung selbst ausserhalb Chinas nicht entkommen können», wie Amnesty-China-Expertin Sarah Brooks zitiert wird.

«Die chinesischen Behörden haben eine ausgefeilte Strategie entwickelt, um die Menschenrechte von Studierenden überall auf der Welt zu beschneiden», so Brooks. Die Überwachung von Studierenden im Ausland und die gezielte Drangsalierung Familienangehöriger in China sei eine «systematische Taktik, um chinesische Staatsbürger*innen aus der Ferne zu kontrollieren».

Kritik an den Universitäten

Kritik übt die Menschenrechtsorganisation auch an der Reaktion der Universitäten. Länder mit Studierenden aus China oder Hongkong, darunter die Schweiz, hätten die Pflicht, internationale Studierende zu schützen. Laut Expertin Brooks seien sich die Hochschulen «der länderübergreifenden Unterdrückung und des daraus resultierenden lähmenden Klimas auf ihrem Campus oft nicht bewusst und sind entsprechend schlecht aufgestellt, um damit umzugehen».

Doch auch wenn die Universitäten und Regierungen der Gastländer für den Schutz der Immatrikulierten zuständig seien, wären letztlich «die chinesischen Behörden die Hauptverantwortlichen für die in dem Bericht beschriebenen Repressionen».