Politik Israel vor Internationalem Gerichtshof – Die Nacht im Überblick

SDA

17.5.2024 - 05:00

ARCHIV - Am Internationalen Gerichtshof (IGH) in Den Haag muss sich Israel für seinen umstrittenen Militäreinsatz in Rafah rechtfertigen. Das höchste UN-Gericht verhandelt über einen Antrag Südafrikas. Foto: Peter Dejong/AP/dpa
ARCHIV - Am Internationalen Gerichtshof (IGH) in Den Haag muss sich Israel für seinen umstrittenen Militäreinsatz in Rafah rechtfertigen. Das höchste UN-Gericht verhandelt über einen Antrag Südafrikas. Foto: Peter Dejong/AP/dpa
Keystone

Tel Aviv/Den Haag – Vor dem Internationalen Gerichtshof in Den Haag muss sich Israel an diesem Freitag für seinen umstrittenen Militäreinsatz in Rafah im Süden des Gazastreifens rechtfertigen. Das höchste UN-Gericht verhandelt über einen Antrag Südafrikas. Dessen Regierung pocht auf den sofortigen Rückzug Israels aus der Stadt Rafah und einen ungehinderten Zugang für humanitäre Hilfe. Auch die Aussenminister von 13 Staaten, darunter Deutschland, warnen in einem Brief vor einer umfassenden Offensive in Rafah und fordern ausserdem mehr Hilfe für die palästinensische Bevölkerung.

Israel hält aber trotz Warnungen der USA und anderer Verbündeter an den Angriffen auf Rafah fest, wo es nach eigenen Angaben eine der letzten Hochburgen der islamistischen Hamas zerschlagen will. Die Regierung des jüdischen Staats beruft sich auf dessen Recht auf Selbstverteidigung, nachdem Terroristen der Hamas und anderer extremistischer Gruppen am 7. Oktober den Süden Israels überfallen, 1200 Menschen getötet und 250 weitere als Geiseln genommen hatten.

In einer am Donnerstagabend veröffentlichten Mitteilung des israelischen Aussenministeriums hiess es, Südafrika verzerre die Realität und präsentiere vor dem Gericht voreingenommene und falsche Anschuldigungen.

Das Schreiben der Aussenminister an den israelischen Chefdiplomaten Israel Katz mit der Bitte um Zurückhaltung haben laut «Süddeutscher Zeitung» (Freitag) die Ressortchefs aller G7-Staaten mit Ausnahme der die USA unterzeichnet, also Deutschland, Frankreich, Grossbritannien, Italien, Japan und Kanada. Hinzu kommen Australien, Dänemark, Finnland, die Niederlande, Neuseeland, Südkorea und Schweden.

Der israelische Verteidigungsminister Joav Galant hatte erst am Donnerstag die Entsendung weiterer Truppen nach Rafah angekündigt. Dort seien bereits Hunderte Ziele getroffen und mehrere Tunnel der Hamas zerstört worden. «Diese Aktivität wird intensiviert werden», sagte Galant.

Nach UN-Angaben sind bereits rund 600 000 Menschen aus der Stadt an der Grenze zu Ägypten geflohen. Bundesaussenministerin Annalena Baerbock warnte am Donnerstag: «Die Menschen dort wissen weder ein noch aus, und haben keine sicheren Orte mehr, an die sie fliehen können. Der Schutz der Zivilbevölkerung muss aber höchste Priorität haben. Das ist im Moment nicht zu erkennen.»

Arabische Liga fordert UN-Friedensmission für Gaza

Die Mitgliedstaaten der Arabischen Liga fordern unterdessen den Einsatz einer UN-Friedensmission im Gazastreifen und im Westjordanland. Es müsse «internationale Schutz- und Peacekeeping-Truppen» der Vereinten Nationen in den Palästinensergebieten geben bis zur Umsetzung einer Zwei-Staaten-Lösung, hiess es am Donnerstag in der Abschlusserklärung des Gipfeltreffens der Liga in Bahrain. Der UN-Sicherheitsrat, der Mandate für Friedensmissionen erteilen kann, müsse Verantwortung übernehmen. Es war der erste reguläre Liga-Gipfel seit Beginn des israelischen Militäreinsatzes gegen die Hamas im Gazastreifen vor sieben Monaten.

Auch UN-Generalsekretär António Guterres nahm an dem Treffen teil und forderte die Kriegsparteien erneut auf, sich auf einen Waffenstillstand zu einigen. «Der Krieg in Gaza ist eine offene Wunde, die die gesamte Region zu infizieren droht», warnte Guterres. Saudi-Arabiens Kronprinz und faktischer Herrscher, Mohammed bin Salman, betonte, die «heftigen Aggressionen» gegen die Palästinenser müssten mit gemeinsamer Kraft gestoppt werden.

Netanjahu über Gazas Zukunft: Kein «Fatahstan nach Hamastan»

Der israelische Ministerpräsident Benjamin Netanjahu wies Kritik seines Verteidigungsministers zurück, wonach der Regierung ein Plan dazu fehle, wer nach dem Krieg im Gazastreifen regieren soll. Bei einem Besuch im Süden Israels sage Netanjahu am Donnerstag Medienberichten zufolge, er werde mit Galant in Kürze ein Gespräch führen.

Galant hatte am Mittwoch gesagt, es müsse eine politische Alternative zur Herrschaft der islamistischen Hamas im Gazastreifen geschaffen werden, gegen die Israel seit Oktober militärisch vorgeht. Auf die Frage, ob dies bedeute, die Palästinensische Autonomiebehörde im Westjordanland nach Gaza zu bringen, sagte Netanjahu am Donnerstag: «Ich bin klar dagegen, Hamastan gegen Fatahstan auszutauschen.»

Die Fatah-Bewegung von Palästinenserpräsident Mahmud Abbas ist die führende Partei im Westjordanland. Sie war der Hamas 2006 bei Parlamentswahlen unterlegen, ein Jahr später riss die Hamas dann gewaltsam die alleinige Kontrolle des Gazastreifens an sich. Seither gab es de facto zwei getrennte palästinensische Regierungen – eine in Gaza und eine im Westjordanland.

US-Repräsentantenhaus stimmt für Munitionslieferung an Israel

Derweil hat das US-Repräsentantenhaus für einen Gesetzesentwurf votiert, der eine von Präsident Joe Biden gestoppte Waffenlieferungen an Israel erzwingen soll. Der Text wurde am Donnerstag mit 208 Stimmen der Republikaner und 16 Stimmen von Bidens Demokraten angenommen, dürfte allerdings im Senat scheitern, wo die Partei des Präsidenten die Oberhand hat. Biden hatte zuvor angekündigt, ein Veto einzulegen, sollte der Gesetzesentwurf den Kongress passieren. In dem Text wird seine Regierung aufgefordert, alle bereits vom Kongress genehmigten Waffentransfers nach Israel zügig durchzuführen.

Aktuell hält die US-Regierung wegen Israels Vorgehen in Rafah eine Munitionslieferung zurück. Sie hat immer wieder deutlich gemacht, dass sie eine Grossoffensive der israelischen Armee in der mit Binnenflüchtlingen aus anderen Teilen des Gazastreifens überfüllten Stadt ablehnt. Biden drohte Israel vergangene Woche damit, dass eine grössere Bodenoffensive Konsequenzen für US-Waffenlieferungen haben könnte.

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