«Casemiro war nie ein grosser Spieler» Uniteds teurer Neuzugang sorgt bei Experten für Verwunderung

SB10

23.8.2022

Casemiro wurde am Montagabend offiziell bei Manchester United vorgestellt.
Casemiro wurde am Montagabend offiziell bei Manchester United vorgestellt.
Bild: Getty

Die Verpflichtung von Casemiro hat viele Experten überrascht. Einige zeigen sich skeptisch, ob der langjährige Real-Profi wirklich in das Konzept bei Manchester United passt.

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Casemiro wechselte kürzlich vom Champions-League-Sieger Real Madrid zu Manchester United. Der 30-Jährige soll sich mit dem englischen Premier-League-Club auf einen Vierjahresvertrag bis 2026 mit Option auf ein weiteres Jahr geeinigt haben. Die Ablöse könnte durch Klauseln und Bedingungen am Ende 70 Millionen Euro betragen.



Für einige Experten langen die Red Devils viel zu tief in die Tasche. Tatsächlich ist der Brasilianer mit seinem Preisschild der zweitteuerste Ü-30-Spieler aller Zeiten (hinter Teamkollege Cristiano Ronaldo, der bei seinem Transfer zu Juve als 33-Jähriger 117 Millionen Euro kostete). 

Teueres Klumpenrisiko

Die Liverpool-Legende Graeme Souness hielt gegenüber «TalkSPORT» fest: «Casemiro hat mit grossen Spielern gespielt, aber er war nie ein grosser Spieler.» Nichtsdestotrotz denkt Souness, Casemiro werde die Mannschaft stabiler machen, wenn er am Ball sei, weil er die Gefahr spüre und erfahren sei. Aber ein grosses Defizit bleibe: «Ich glaube nicht, dass er ein gutes Passspiel hat.»

Souness könnte man natürlich eine gewisse Parteilichkeit unterstellen, doch auch aus dem Lager von Manchester United vernimmt man kritische Stimmen.

So weist Rio Ferdinand in der «manchestereveningnews»  neben positiven Sachen wie «Winner-Mentalität» auch auf einige Probleme mit dem Neueinkauf hin. «‹Gibt es Negatives?› Ja, das gibt es. Natürlich das Alter, 30 Jahre alt. Ich würde nicht sagen, dass das ein massiver Nachteil ist, aber ich denke, dass der Wiederverkaufswert aus wirtschaftlicher Sicht gleich null sein wird», erklärte der frühere Star-Verteidiger.

«Es sind also 60 Millionen Pfund, plus 10 Millionen Pfund Zusatzkosten, und dann kommen natürlich noch die Gehälter dazu. Man muss also mit etwa 100 Millionen Pfund rechnen – wenn man da noch etwas rausbekommt, kann man sich glücklich schätzen.» Ferdinand erläutert: «Man hat in einer Zeit, in der wir nicht die finanziellen Mittel haben und in der wir scheinbar keine grossen Spieler holen können, alles in ihn investiert.» 

Andere Rolle als bei Real gefragt

Auch der frühere Weltklasse-Goalie Peter Schmeichel meldete sich bei «BBC Sport» zu der überraschenden Personalie. «Ich denke, Casemiro war fantastisch für Real Madrid. Die Aufgaben, die ihm bei United gestellt werden, sind jedoch andere.» Bei den Königlichen habe er den Ball einfach an Luka Modric und Toni Kross geben können, findet der Europameister von 1992.

«Als Nummer 6 in Manchester muss man aber auch nach vorne gehen und am Spiel teilnehmen.» Auch gebe es einen «grossen Unterschied» an die physischen Anforderungen in der Premier League und La Liga, ergänzt der Däne. «Ich bin auch über die Höhe der Ablösesumme überrascht. Dazu kommt das Gehalt – in seinem Alter – und wir wissen nicht, ob er den Job machen kann, den United von ihm verlangt. Vielleicht sollte United jemanden verpflichten, der weiss, wie es ist, in der Premier League zu spielen», resümiert Schmeichel.

Arbeitsethos als Grundlage für den Erfolg

Der 63-fache Internationale hat in den letzten neun Jahren bei den Königlichen bewiesen, dass er unheimlich wichtig für eine Mannschaft sein kann. Mit Real Madrid gewann er unter anderem fünfmal die Champions League und dreimal die spanische Meisterschaft.

Casemiro, der nur durch Zufall defensiver Mittelfeldspieler wurde, hat vor wenigen Monaten sein Ziel beim Betreten des Rasens folgendermassen definiert. «Dem Gegner in einer gefährlichen Situation den Ball abnehmen.» Sein Motto: «Ich geniesse es, die Drecksarbeit zu machen.»

Was die richtige Arbeitseinstellung ausmachen kann, haben die Profis seines neuen Arbeitgebers Manchester United am Montagabend vorgemacht. Die Truppe von Erik ten Hag überrollte das sonst so dynamische Liverpool und belohnte sich verdientermassen mit einem 2:1-Erfolg. Der Holländer freut sich riesieg auf seinen Neuzugang. «Er ist der Kitt zwischen den Steinen, danach haben wir im Sommer gesucht und ihn gefunden», meinte Ten Hag gegenüber «Sky Sports».

Wie wichtig ein solcher Typus Spieler sein kann, ist auch (anderen) Experten bewusst. Roy Keane – langjähriger Captain und selbst Mittelfeld-Raubein – begrüsste Casemiro im Old Trafford jedenfalls äusserst herzlich. Einen designierten Nachfolger von Keane könnte Manchester United, wo sich bisher Profis wie Scott McTominay, Donny van de Beek oder Fred tummelten, sicher gut gebrauchen.