Rudy Giuliani am Boden Der tiefe Fall von «Amerikas Bürgermeister»

AP/toko

20.8.2023 - 20:33

Trumps Justizprobleme: Welche Anklage wird ihm gefährlich?

Trumps Justizprobleme: Welche Anklage wird ihm gefährlich?

Der frühere US-Präsident Donald Trump ist im Bundesstaat Georgia wegen illegaler Einflussnahme auf den Ausgang der Präsidentschaftswahl 2020 angeklagt worden. Es ist bereits die vierte Anklage gegen den 77-jährigen Republikaner und die zweite, die

15.08.2023

Rudy Giuliani hat sein Schicksal an Donald Trump geknüpft – und ist nun dessen prominentester Mitangeklagter. Statt zum Elder Statesman wurde der einst gefeierte Politiker zum Gespött. Wie konnte es dazu kommen?

20.8.2023 - 20:33

Keine Zeit? blue News fasst für dich zusammen

  • Der ehemalige Bürgermeister von New York City, Rudy Giuliani, ist zusammen mit dem ehemaligen US-Präsidenten Donald Trump angeklagt.
  • «Amerikas Bürgermeister» wird eine Verschwörung mit Trump vorgeworfen, um den Wahlsieg von Präsident Joe Biden zu untergraben.
  • Giuliani, der nach den Terroranschlägen vom 11. September 2001 für sein Krisenmanagement gefeiert wurde, hat seinen guten Ruf längst verspielt und sich weltweit zum Gespött gemacht.

Rudy Giuliani warf einen stechenden Blick in den Anhörungssaal, als ein Ankläger Berufsverbot für den ehemaligen New Yorker Bürgermeister beantragte. Staatsanwalt Hamilton Fox fragte: Wie konnte aus dem einst als «Amerikas Bürgermeister» gefeierten Politiker ein Mann werden, der eine Präsidentenwahl kippen will? «Es ist, als wären es zwei verschiedene Menschen», erklärte Fox in der Anhörung im Dezember vergangenen Jahres.

Giuliani, der nach den Terroranschlägen vom 11. September 2001 für sein Krisenmanagement gefeiert worden war, hat seinen guten Ruf längst eingebüsst. Und jetzt steht auch seine Freiheit auf dem Spiel, nachdem er die falschen Behauptungen von Ex-Präsident Donald Trump über die Wahl 2020 hartnäckig verteidigt hat.

Rudy Giuliani wurde einst in ganz Amerika verehrt.
Rudy Giuliani wurde einst in ganz Amerika verehrt.
Robert Bumsted/AP/dpa

Neuer Tiefpunkt

Am Montag erreichte der Absturz des fast 80-jährigen Giuliani mit einer Anklage in Georgia einen neuen Tiefpunkt. Dabei wird dem Republikaner eine Verschwörung mit Trump vorgeworfen, um den Wahlsieg von Präsident Joe Biden zu untergraben. Beide Politiker wurden zusammen mit 17 weiteren Beschuldigten angeklagt. Giuliani bezeichnete die Anklage als «Affront gegen die amerikanische Demokratie». Sie werde dem US-Justizsystem unwiderruflichen Schaden zufügen, sagte er.

Wie konnte es so weit kommen? Fachleute, die sich mit Giulianis Aufstieg und Fall befasst haben, sehen seine gescheiterte Präsidentschaftskandidatur 2008 als Wendepunkt. Angesichts seiner Popularität nach den Terroranschlägen von 9/11 war er als Favorit für die republikanische Nominierung ins Rennen gegangen. Doch wegen einiger liberaler Positionen in der Vergangenheit konnte er sich in den Vorwahlen nicht durchsetzen.

Trump stützte sich auf Giulianis Geschick und Loyalität

Anschliessend schien es einige Jahre lang so, als sei seine politische Karriere am Ende. Giuliani wurde depressiv und ging mit seiner damaligen Frau Judith nach Florida. Dort kam das Paar nach Angaben des Biografen Andrew Kirtzman für einen Monat in einem Bungalow auf Trumps Anwesen Mar-a-Lago unter. «Trump nahm Giuliani in einem sehr verletzlichen Moment unter seine Fittiche», sagt Kirtzman, dessen zweite Giuliani-Biografie im vergangenen Jahr erschien. «Und dann beschloss Trump 2016, für die Präsidentschaft zu kandidieren, und er brauchte Giuliani, und Giuliani brauchte Trump.»

Trump, der zum ersten Mal für ein politisches Amt antrat, stützte sich auf Giulianis Geschick und Loyalität. Er spannte den ehemaligen New Yorker Bürgermeister für Attacken gegen die ehemalige Aussenministerin Hillary Clinton ein, Giulianis Gegnerin bei einer Senatswahl im Jahr 2000.

Giuliani buhlte um Posten in Trumps Kabinett

Der Wahlkampf 2016 verschaffte Giuliani wieder Bedeutung. Allerdings überraschte er viele mit der Aggressivität seiner Angriffe gegen Clinton und der regelmässigen Behauptung, diese habe Verbrechen begangen. Manche hatten den Eindruck, er setze sein Image als Elder Statesman für einen Kandidaten aufs Spiel, dem zu dieser Zeit nur wenig Siegchancen eingeräumt wurden.

Giuliani buhlte um einen Posten in Trumps Kabinett, ging aber leer aus. Stattdessen diente er weiter als dessen Kampfhund. In dieser Rolle reiste er unter anderem in die Ukraine, um rufschädigende Informationen über Bidens Sohn Hunter zu sammeln. Seine Kontakte dort spielten später eine Rolle in Trumps erstem Amtsenthebungsverfahren und lösten Ermittlungen der Bundespolizei FBI aus. Im April 2021 beschlagnahmten Beamte bei Razzien in Giulianis Haus und Büro Computer und Handys. Die Untersuchung wurde aber später fallen gelassen, ohne dass Anklage erhoben wurde.

Aus Sicht einiger Wegbegleiterinnen und Wegbegleiter, die dem Politiker früher nahestanden, hat der Giuliani von heute wenig mit dem Mann von damals gemeinsam. «Der Mann, den ich vor 20 Jahren kannte, der Held des 11. September, hat keine Ähnlichkeit mit diesem Mann», sagt seine Ex-Frau Judith Giuliani, die nach den Terroranschlägen und bei seiner Wahlniederlage 2008 an seiner Seite war. «Er tut mir leid. Es ist traurig. Für uns alle ist er nicht mehr die Person, die er einmal war.»

Als Trump 2020 die Wahl verlor, spielte Giuliani eine wichtige Rolle bei dessen Bemühungen, im Weissen Haus zu bleiben. Nach Angaben von Anklägern waren dabei auch illegale Versuche im Spiel, in wichtigen US-Staaten Ergebnisse zu fälschen. Giuliani wurde zum Gespött, weil er eine Pressekonferenz in einem Hotel neben einem Krematorium und einem Pornoladen abhielt. Wenige Wochen später wurde er zum Internet-Meme, als ihm bei einer anderen Pressekonferenz offenbar Haarfarbe über das Gesicht lief.

Und wegen aufwiegelnder Bemerkungen an Trump-Anhänger vor dem Sturm auf das US-Kapitol am 6. Januar 2021 verlor Giuliani schliesslich seine Anwaltslizenz. Finanziell scheint er nach drei Scheidungen in Schwierigkeiten zu stecken und Schulden zu haben. Im Juli bot er seine Wohnung in Manhattan für 6,5 Millionen Dollar zum Verkauf an.

«Sein Vermächtnis liegt in Trümmern», sagt Kirtzman. Giuliani habe kein Geld mehr, ihm drohe eine Gefängnisstrafe und er werde «niemals seine Überzeugung ändern, dass er recht hatte und alle anderen sich geirrt haben».

AP/toko