Harte Konkurrenz am ESC-Halbfinal Droht Marius Bear heute Abend bereits das Aus?

Von Bruno Bötschi

10.5.2022

Schweizer ESC-Hoffnung Marius Bear: «Ich bin kein Luca Hänni, aber mein Siegeshunger ist riesig»

Schweizer ESC-Hoffnung Marius Bear: «Ich bin kein Luca Hänni, aber mein Siegeshunger ist riesig»

Die ersten Proben auf der ESC-Bühne hat Marius Bear hinter sich. Mit dabei hat er seinen Appenzeller Glücksbringer. Nichts kann mehr schiefgehen. Davon ist Marius Bear fest überzeugt, wie er blue News verrät.

03.05.2022

Heute findet der erste ESC-Halbfinal im italienischen Turin statt. blue News stellt die härtesten Konkurrent*innen von Marius Bear vor – und verrät, wie die Chancen des Schweizer Beitrages auf den Finaleinzug sind.

Von Bruno Bötschi

Diese Woche kämpfen am 66. Eurovision Song Contest in Turin 40 Nationen um den Titel des besten Lieds Europas. 

17 Länder treten im ersten Halbfinal an, 10 qualifizieren sich für den Final. Für die Schweiz geht heute Abend Marius Bear ins Rennen.

Der Musiker aus dem Kanton Appenzell Innerrhoden hat mit seiner gefühlvollen Ballade «Boys Do Cry» Grosses vor. «Natürlich gehe ich mit dem Ziel nach Turin, dass wir gewinnen oder zumindest ganz vorne mitmischen», sagt er im Gespräch mit blue News.

Gibt die Jury-Wertung den Ausschlag für die Schweiz?

Nach den tollen ESC-Platzierungen von Gjon's Tears im vergangenen Jahr und Luca Hänni 2019 scheinen die Hoffnungen berechtigt, dass es für den Schweizer Beitrag auch diesmal weit nach vorne gehen könnte – allerdings ist die Konkurrenz bereits im Halbfinal gross, sehr gross sogar.

Die gute Nachricht: Die ESC-Wettbüros glauben an eine Finalqualifikation der Schweiz.

Die schlechte Nachricht: Es wird sehr knapp. Nur zehn Länder können sich im ersten Halbfinal von heute Dienstagabend qualifizieren. Die Wettbüros sagen Marius Bear aktuell den 9. Platz im Halbfinal voraus.

Der Sänger selber ist trotzdem guter Dinge, dass er weiterkommen wird: «Ich glaube, wir kommen ins Final. Also wenn ich es schaffe, heute Abend die Emotion so rüberzubringen, wie ich das geplant habe.»

«Echt schwierig», antwortet Benjamin Ogg, ESC-Experte und Betreiber der Website songcontest.ch, auf die Frage, ob der Schweizer Beitrag den Einzug ist Finale schafft. «Ich zweifle, aber es könnte sein, dass es dank der Wertung der Jury trotzdem mit dem Finaleinzug klappt.»

Fakt ist: Balladen haben am Eurovision Song Contest öfters einen schweren Stand.

«Eine der besten Stimme des gesamten Teilnehmerfeldes»

«Das Spannende am Lied von Marius Bear ist, dass es die Gefühle in den Vordergrund rückt», sagt sein Vorgänger Gjon's Tears. Eine Charaktereigenschaft, die möglicherweise für viele Punkte bei Jury und Publikum sorgen könnte.

Zudem habe Marius «eine sehr schöne Stimme», so Gjon's Tears weiter. Manch ein*e Kritiker*in glaubt sogar, der 29-Jährige sei leicht unterfordert mit seinem ESC-Song.

Erich Neuenschwander, ESC-Experte und in der Szene seit Jahren als DJ Wollana bekannt, weiss ebenfalls um die starke Konkurrenz. Er sagt jedoch: «Marius hat eine der besten Stimme des gesamten Teilnehmerfeldes.»

Sie sei warm, sie sei gefühlvoll, sie sei männlich. «Die Bühneninszenierung in Turin ist zudem sehr gelungen und passt kongenial zum emotionalen Inhalt des Liedes.»

Deshalb ist Neuenschwander überzeugt, dass die Schweiz weiter kommen wird – und Marius Bear am Samstagabend in Turin nochmals «Boys Do Cry» singen darf.

Die härtesten Konkurrent*innen der Schweiz

Laut einer nicht repräsentativen Umfrage von blue News unter mehreren ESC-Fachleuten gehören folgenden fünf Songs heute Abend im ersten Halbfinal in Turin zu den härtesten Konkurrent*innen von Marius Bear:

1. Ukraine: Kalush Orchestra mit «Stefania»

Die Ukraine schickt die Band Kalush Orchestra um Leadsänger Oleh Psiuk mit dem Titel «Stefania» nach Turin. Das Lied gilt seit dem Ausbruch des russsischen Angriffskrieges in den Wettbüros als klarer Favorit auf den Sieg am diesjährigen ESC.

Ob sie den Krieg in ihrem Heimatland in Turin thematisiert, lässt die Band offen. Im Interview mit der «Frankfurter Allgemeinen Zeitung» erklärte Psiuk: «Wir verraten unser Geheimnis noch nicht, das sehen Sie am 10. Mai.»

2. Niederlande: S10 mit «De diepte» 

Die niederländische Sängerin und Rapperin S10 vertritt ihr Heimatland beim Eurovision Song Contest 2022 in Turin. Ihr Song «De Diepte» handelt von Erinnerungen aus schwierigen Zeiten, die sie mit sich trage. Damit schickt Holland zum ersten Mal seit 12 Jahren wieder einen Song in Landessprache ins Rennen.

3. Portugal: Maro mit «Saudade, saudade»

Portugal wählt, ähnlich wie die Schweiz, ein ruhiges Lied für den Eurovision Song Contest 2022. Sängerin Maro konnte mit «Saudade, saudade» («Sehnsucht, Sehnsucht») bei der Vorausscheidung in Portugal nicht nur bei den Jurys abräumen, sondern lag auch beim Publikum weit vorne.

4. Griechenland: Amanda Georgiadi Tenfjord mit «Die Together»

Sängerin Amanda Georgiadi Tenfjord vertritt Griechenland am diesjährigen ESC. In der internen Auswahl setzte sich die Sängerin gegen vier weitere Mitbewerber*innen durch. Die 24-Jährige ist gebürtige Griechin, zog aber später mit ihren Eltern nach Norwegen. Ihr Heimatort Tenfjord diente als Inspirationsquelle für ihren Künstlernamen.

5. Norwegen: Subwoolfer mit «Give That Wolf A Banana»

Das Duo Subwoolfer gewann mit «Give That Wolf A Banana» erwartungsgemäss die norwegischen Vorentscheidung, genannt Melodi Grand Prix. Nun wollen die beiden DJs auch am ECS in Turin um eine Sitzenplatzierung mitsingen.

Céline Dion – die letzte Schweizer ESC-Siegerin

Und zum Schluss noch dies: Der letzte ESC-Sieg der Schweiz ist schon ziemlich lange her. 1988, also vor 34 Jahren, gewann Céline Dion. 

Sie holte damals mit dem von Nella Martinetti und Atilla Sereftug kreierten Lied «Ne partez pas sans moi» den Sieg am ESC.


Das ESC-Finale ist am Samstag 14. Mai ab 21 Uhr auf SRF 1 zu sehen. Und auf blue News werden Manuel Kellerhals und Monika Rufener den ganzen Abend lang tickern.


Gjon's Tears über Marius Bear: «Eine Ballade am ESC ist eine Herausforderung»

Gjon's Tears über Marius Bear: «Eine Ballade am ESC ist eine Herausforderung»

Mit «Tout l'univers» wurde Gjon's Tears am ESC 2021 Dritter. Für seinen Nachfolger Marius Bear hat er ein paar Tipps parat. Ausserdem erzählt er, was er seitdem alles erreicht hat – ganz schön viel.

10.05.2022