Verfassungsschutz warnt So unterwandern Rechtsextreme die Bauernproteste in Deutschland

tbz

9.1.2024

Ein Traktor stellt eine erhängte Puppe in Ampelfarben zur Schau.
Ein Traktor stellt eine erhängte Puppe in Ampelfarben zur Schau.
Bild: Twitter/@heilrath

In Deutschland gehen tausende Landwirte gegen die Sparpläne der Regierung auf die Strasse. Bei verschiedenen Kundgebungen mischen sich rechtsextreme Gruppierungen unter die Demonstranten. Der deutsche Verfassungsschutz warnt vor einer Unterwanderung der Proteste.

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  • In Deutschland kommt es seit Montag wegen des von der deutschen Regierungskoalition geplanten Abbaus von Subventionen zu massiven Protesten der Landwirte.
  • Bei Kundgebungen und Demonstrationen mischen sich landesweit viele Extremisten unter die protestierenden Bauern. In Dresden, Cottbus und München waren rechtsextreme Demonstranten zahlenmässig besonders stark vertreten.
  • Der deutsche Verfassungsschutz warnt, dass die Protestbewegungen der Landwirte ausgenutzt werden könnten, um extremistische Interessen zu verbreiten.
  • Auch die Schweizer Freiheitstrychler waren bei einer Kundgebung in Konstanz vertreten.

«Es kursieren Aufrufe mit Umsturzfantasien. Extremistische Gruppen formieren sich, völkisch nationalistische Symbole werden offen gezeigt. Es wird sichtbar, dass in den letzten Jahren etwas ins Rutschen geraten ist, was den legitimen demokratischen Protest und die freie Meinungsäusserung entgrenzt», so die klare Ansage von Bundeswirtschaftsminister Robert Habeck am Montag.

Der Grünen-Politiker warnt vor einer Kaperung der landesweiten Bauernproteste durch extreme Kräfte. Zwar verliefen diese am Montag mehrheitlich friedlich, in zahlreichen Bundesländern kam es aber zu Zwischenfällen. Habeck selbst war bereits am 4. Januar von Demonstranten daran gehindert worden, eine Fähre an der Nordseeküste zu verlassen. Dabei kam es zu einem Handgemenge zwischen Protestierenden und der Polizei.

In Dresden durchbrachen Demonstranten am Montag eine Polizeikette. Dabei soll es sich gemäss den «Dresdener Neueste Nachrichten» um Rechtsextreme gehandelt haben, die sich unter die Landwirte mischten. Laut Reportern der deutschen «Zeit» seien bei dem «grossen Protestzug» mit «mehreren Tausend Leuten» kaum Bauern auszumachen gewesen. Vielmehr hätten die rechtsextremen Freien Sachsen den Ton angegeben.

AfD übernimmt Demonstration in Cottbus

Bei Demonstrationen in Cottbus liefen gemäss der «Berliner Zeitung» zahlreiche AfD-Anhänger mit. Die in Teilen rechtsextreme Partei hatte zur Teilnahme aufgerufen und veranstaltete am Abend auf dem Cottbuser Altmarkt eine weitere Demonstration. Organisiert habe diese der Cottbuser Parteichef Jean-Pascal Hohm, der dem extrem rechten Spektrum der Partei zuzuordnen ist.

Auch in München mischten sich rechte Gruppierungen unter die Demonstrierenden. Gemäss der «Zeit» waren rechtsextreme Symbole und Banner mit «verschwörungsideologischen Inhalten» sichtbar. Zudem seien Vertreter der Identitären Bewegung und des Dritten Weges sowie von der Burschenschaft Danubia an der Kundgebung vertreten gewesen.

Trotz Warnung und Distanzierung des Bauernverbandes wurden auch Galgen bei den Protestaktionen gesichtet. An verschiedenen Orten wurden in Bezug auf die deutsche Ampel-Regierung Holzgalgen aufgestellt.

Verfassungsschutz warnt

«Wir dürfen nicht zulassen, dass Extremisten diese Verunsicherung kapern. Wir dürfen nicht blind sein. Umsturzfantasien heissen nichts anderes, als unseren demokratischen Staat zerstören zu wollen», warnte Habeck in einem am Montag in den sozialen Medien verbreiteten Video der Regierung. «Es gibt keine Garantie, dass nicht auch in Deutschland die Debatte immer weiter verroht, sodass am Ende das Recht und der Rechtsstaat gefährdet sind.» Die liberale Demokratie sei ein Schatz, der verteidigt werden müsse. «Wenn an Traktoren Galgen hängen, wenn Traktorkolonnen zu privaten Häusern fahren, dann ist eine Grenze überschritten.»

Im Rahmen der Bauernproteste warnt auch der deutsche Verfassungsschutz vor einer Kaperung der Proteste durch Extremisten. Aktuell würde festgestellt, dass sich Akteure aus dem Bereich der verfassungsschutzrelevanten Delegitimierung des Staates mit den Bauernprotesten solidarisierten und für die Demonstrationen werben, so ein Sprecher des baden-württembergischen Verfassungsschutzes gegenüber dem «SWR». Dazu zählten in erster Linie Querdenker und Reichsbürger. Ziel sei es, die Protestbewegungen der Landwirte auszunutzen, um extremistische Interessen zu verbreiten.

Der Bauernverband wehrt sich gegen solche Strömungen. Verbandspräsident Joachim Rukwied bekräftigte, dass sich die Protestbewegung der Landwirte nicht von Extremistinnen und Extremisten vereinnahmen lassen wolle. Die Teilnahme rechter Gruppierungen an den Protesten sei unerwünscht. «Radikale Gruppierungen mit Umsturzgelüsten haben bei uns nichts zu suchen», machte Rukwied gegenüber der «Bild» bereits vor den Protesten am Montag klar.

Auch Schweizer Trychler in Deutschland

Auch die Schweizer Freiheitstrychler nahmen am Montag an Bauernprotesten in Deutschland teil. Auf einem Video von «Blick» sind rund 16 Personen bei einer Kundgebung in Konstanz zu sehen, die am Montagmittag abgehalten wurde. 

Am Dienstag zeichnet sich die Lage bei den Protesten in Deutschland um einiges ruhiger. Die Demonstrationen sollen in den kommenden Tagen fortgesetzt werden. Der Bauernverband hat zu einer Aktionswoche aufgerufen, die am kommenden Montag, 15. Januar, in einer grossen Demonstration in Berlin gipfeln soll. Dafür wurden 10'000 Teilnehmer angemeldet, die aller Voraussicht nach auch mit Tausenden Traktoren in die Hauptstadt kommen werden.

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